SWR3 Gedanken

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Wir waren mit dem Fahrrad unterwegs. Mein 6jähriger Pflegesohn Lauri und ich. Eine schöne Tour. Jetzt bummeln wir nach Hause. Neben dem Radweg stehen lauter Grabsteine. Das Geschäft von einem Steinmetz. Lauri ruft: „Was ist das?“ Ich rufe zurück: „Das sind Grabsteine. Die macht ein Steinmetz für den Friedhof.“ „Kann ich mir die mal anschauen?“ Warum eigentlich nicht. Wir haben es nicht eilig. Also halten wir an, stellen die Fahrräder ab und gehen von Stein zu Stein. „Weißt Du“, sage ich. „Wenn jemand stirbt, dann suchen die Menschen, die den Gestorbenen gern haben, so einen Stein aus. Um sich an ihn zu erinnern. Der Stein kommt dann auf das Grab. Und dann kann man drauf schreiben wer da gestorben ist. Man könnte sich natürlich auch jetzt schon einen aussuchen und sagen: der soll mal auf mein Grab kommen. Aber das macht kaum einer.“
Neben ganz einfachen Grabsteinen gibt es auch richtig originelle. Einer ist mitten durch gespalten. Als hätte jemand ihn mit einer Axt entzwei gehauen. „Ist der kaputt?“ will Lauri wissen. „Nein“, sage ich. „Das ist ein Symbol. Der Riss bedeutet eine Tür. Wäre der Stein ganz, wäre er wie eine Mauer. Aber durch den Spalt kann man hindurch schlüpfen. Der Steinmetz will sagen: Wenn Du stirbst, ist es nicht vorbei, Du schlüpfst durch den Tod hindurch in ein neues Leben bei Gott.“
Dann deutet Lauri auf einen anderen Stein: „Der ist schön.“ Der Steinmetz hat ein kreisrundes Loch in den Stein gesägt. Und in das Loch hat er eine Glasscheibe eingesetzt. Auf der Scheibe ist eine rote Rose abgebildet. Jetzt, in der Abendsonne leuchtet die Rose ganz hell.
„Weißt Du was“, sagt Lauri. „Wenn Du mal stirbst, dann suche ich diesen Stein für Dich aus. Weil ich Dich so lieb hab.“
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