SWR2 Wort zum Tag

SWR2 Wort zum Tag


Am kommenden Sonntag haben wir die Wahl! Die Wahl zwischen unterschiedlichen Par-teien, unterschiedlichen Programmen, verschiedenen Personen. Es ist grundlegend für unsere Demokratie, dass wir wählen, damit die Richtung der Politik und die Zukunft un-seres Landes mitbestimmen können! Warum gibt es aber dann eine große Zahl von Nichtwählern? - Manche Menschen kümmert die gemeinsame Zukunft einfach nicht. An-dere meinen, dass die politisch Handelnden sie mit ihren Problemen überhaupt nicht im Blick haben; zu wählen scheint ihnen darum sinnlos. Wieder Andere sind enttäuscht, dass im Parteienstreit Wege zu Lösungen von Problemen immer wieder blockiert werden. Viele durchschauen nicht, worum es bei den umstrittenen überhaupt geht und resignieren. Häufig ist die Erkenntnis, dass keine der Parteien und keine der zu wählenden Personen ganz den eigenen Vorstellungen und Erwartungen entspricht. Aber darf das alles wirklich ein Grund sein, nicht zu wählen? Muss man nicht auch sonst im Leben eine Wahl zwi-schen mehr oder weniger überzeugenden Möglichkeiten treffen, ohne dass einem an der gewählten alles passt? Ist trotz aller verständlichen Gründe das hohe Gut, die Wahl zu haben, nicht so kostbar, dass man sein Recht zu wählen wahrnehmen soll, auch wenn das Vertrauen enttäuscht worden ist? Mit der Wahl vergibt man einen Vorschuss an Ver-trauen. Sie hat viel mit Hoffnung zu tun, mit der Hoffnung, dass den Gewählten Notwen-diges gelingen wird, dass im Streit der Meinungen gute Lösungen, wenigstens vernünfti-ge Kompromisse und Wege aus Krisen gefunden werden.

Wer wählt, schenkt Vertrauen und hat Hoffnung. Wie nötig diese sind, erfährt man in vielen Situationen im Leben, in denen man eine Entscheidung treffen muss. Wer einen Ausbildungsgang und einen Beruf wählt, kann nicht mit Sicherheit sagen, ob er die Aus-bildung mit Erfolg abschließen und in dem gewählten Beruf glücklich sein wird. Wenn sich Aufgaben häufen, muss man sich entscheiden, was Vorrang haben soll, ohne genau abschätzen zu können, ob man bei der Abwägung alles richtig gesehen hat. Wer sieht, wie Menschen unter einem Konflikt leiden, muss entscheiden, ob es besser ist, sich ein-zumischen oder sich herauszuhalten. Bei all diesen Entscheidungen braucht man Ver-trauen und die Hoffnung, trotz aller Unsicherheit das Richtige zu wählen.

Christen haben einen besonderen Grund zu Vertrauen und Hoffnung. Sie glauben, dass Gott hat seine Wahl getroffen und sich für uns Menschen entschieden hat. Sie machen die Erfahrung, dass dies auch zu Vertrauen zu Menschen und zur Hoffnung auf ihr Tun führt. Sollte das nicht auch bei der Wahl am kommenden Sonntag gelten?
https://www.kirche-im-swr.de/?m=6816
weiterlesen...