Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

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Gott lässt seine Sonne aufgehen über alle Menschen, hat Jesus gesagt. Haben Sie das schon mal beobachtet? In Ihrem Dorf, in Ihrer Stadt?

Manchmal wie jetzt im Spätsommer fahre ich mit dem Rad zur Arbeit in die Innenstadt. So früh morgens kurz nach sieben ist die Sonne ganz samtig auf der Haut, der Fahrtwind mild im Gesicht. Der Fahrradweg führt mich durch den Stadtpark. Ein Hund hebt das Bein an der Eiche, sein Herrchen mit Handy am Ohr, beobachtet ihn aufmerksam.

Zwei Joggerinnen, schon ziemlich durchgeschwitzt, traben vorbei, hochroter Kopf, lachend auf der Zielgeraden. Vor dem Bistro schüttelt eine Frau mit Kopftuch den Teppich aus und kehrt die Zigarettenstummel vor der Tür zusammen. Der Straßenkehrer besorgt mit seinem Reisigbesen den Rest- ein fröhliches Hallo fliegt hin und her. Vor der Bäckerei hält das Brotauto. Öffnet die Tür, als ich grade vorbeifahre. Herrlich, frische Brötchen!

Ich trete in die Pedale und bin auch schon da. Im Büro angekommen höre ich im Radio die Frühnachrichten. Den Moderator kenne ich. Erstaunlich, wie munter er klingt. Musste doch schon um halb vier heute morgen aufstehen. Ich wäre ungenießbar. Aber er ist Profi. Und er sagt: Egal wie es mir geht, die Leute haben ein Recht auf meine Freundlichkeit.

Warum ich Ihnen das erzähle? Weil es so normal ist. Und so ein Wunder. Dieses Miteinander. Wie da morgens eins dem anderen zuarbeitet, wie eins vom anderen abhängt.

Obwohl viele so liebend gern morgens liegen bleiben würden, mich eingeschlossen. Trotz Lust auf Faulsein kommt jeder seiner Pflicht nach. Ja, Pflicht. Und dann entsteht ein Wunder von Geben und Nehmen. Jeder gibt und jeder nimmt. Das ist Frieden.

Manchmal ist es gut, auf Abstand zu gehen und das kleine Stückchen Land, das man so beackert, im größeren Zusammenhang zu sehen. Wie Gott das wohl aus dem großen Abstand heraus sieht?

Jesus hat gesagt: Gott lässt seine Sonne aufgehen über Böse und Gute, über Gerechte und Ungerechte. Gott lässt leben. Auch die, die uns nicht so in den Kram passen. Deshalb sollen wir auch leben lassen. Denn wer weiß schon, zu welcher Sorte Mensch man gehört – von Gott aus gesehen.
https://www.kirche-im-swr.de/?m=6770
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