Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

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1000 Jahre steht der Mainzer Dom schon. Ein ganzes Jahr lang wird der runde Geburtstag gefeiert. Wirklich ein Grund zu Feiern? Natürlich. Wir feiern mit dem Jubiläum das architektonische Können des Mittelalters, feiern die Leistung von Steinmetzen und Bauleuten. Und bewundern, dass diese Kirche wirklich so lange schon steht und alles überstanden hat. Kriege und Brände, Belagerung und Besatzung. Wirklich bewundernswert dieser Dom.
Aber mal ehrlich: Mit dem Glauben hat dieser riesige Haufen Steine gar nichts zu tun. Gott, das glaube ich, braucht weder Dach noch Wände, braucht keine hohen Türme und erst recht keine tausend Jahre alten Dome. Eine steile These?
Die Bibel ist auf meiner Seite. Gott begegnet den Menschen in ihrem Alltag, in ihrem ganz normalen Leben. Er braucht dafür keine Kirche, kein Gotteshaus. Sich selbst gibt Gott den Namen: »Ich bin, der ich bin da«. Und wie ist er da?
Das ist Mose, ein Ziegenhirt in der Wüste Sinai. Er begegnet Gott mitten in seinem Alltag, in einem Dornbusch am Rande seiner Weide. Hier kommt Gott zur Welt.
Da sind die versklavten Israeliten in Ägypten. Sie hauen ab, aber dann wissen sie nicht, wo’s lang geht. Und Gott geht ihnen voraus, tagsüber in einer Wolke, nachts als Feuersäule. Von Mauern auch hier keine Spur. Dieser Gott ist beweglich. Immer der Freiheit auf der Spur. Gott sucht das Weite, sagen mir diese Texte, sucht Menschen und ihre Lebensorte.
Warum dann einen Dom? Und eine 1000-Jahr-Feier? Sicher nicht wegen Gott. Aber ich glaube, dass Menschen diesen Dom, dass Menschen eine solche Feier brauchen. Denn das Leben braucht Symbole, wie es der Dom eins ist. Er ist ein sichtbares Zeichen für den Glauben von Menschen. Ein sichtbares Zeichen, dass ich mit meinem Glauben, aber auch mit meinen Fragen mit anderen Christen verbunden bin. Mit den Christen vor mir, die auch diesen Dom besucht, in ihm gebetet und gesungen haben. Die 1000-Jahr-Feier lädt dazu ein, sich daran zu erinnern. Und sich auch außerhalb der Kirchmauern auf die Suche nach Gott zu machen.
https://www.kirche-im-swr.de/?m=6686
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