SWR3 Gedanken

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Heute vor 260 Jahren ist Johann Wolfgang von Goethe geboren. Das klingt nach gelben Reclam-Heftchen mit Schmierereien drauf und danach den Götz von Berlichingen so lange durchzublättern bis man endlich schwarz auf weiß den Schwäbischen Gruß gelesen hat. Nach mehr als zweihundert Jahren wird Goethe – zumindest in der Schule – immer noch gelesen.

Meine Geschichte mit Goethe ist auch in der Schule angesiedelt. Als wir das Stück „Iphigenie auf Tauris“ behandelten, kamen wir darauf zu sprechen, dass Iphigenie sich von den Göttern lossagt und selbst ihr Schicksal in die Hand nimmt. Meinem Lehrer fiel dabei das Sprichwort ein: „Hilf dir selbst, dann hilft dir Gott“. und dann meinte er noch, das stünde so in der Bibel.

Wir konnten ihm nachweisen, dass das nicht stimmte. Und Goethe selbst hätte wahrscheinlich am schnellsten widersprochen. Denn, auch wenn Goethe wahrlich kein Kirchenchrist war: Seine Bibel hatte er gelesen und kannte sie gut.

So sagte er selbst, die Bibel sei ihm „lieb und wert“ Für ihn war die Bibel da, „damit wir uns daran wie an einer zweiten Welt versuchen, uns daran verirren, aufklären und ausbilden mögen."

Ich finde es spannend, die Bibel zu lesen wie Goethe, nämlich immer mit der Frage: Wie würde ich es machen? Und: sehe ich das auch so? Mir mal vorzustellen, ich wäre in den Situationen, in denen die biblischen Figuren sind.

Mit diesem goetheschen Prinzip, glaube ich, kann man die Bibel noch einmal gut kennenlernen. Und noch was kann man von Goethe gut lernen. Wer seine Bibel gut kennt, der wird vielleicht auch noch in 200 Jahren gern gelesen.
https://www.kirche-im-swr.de/?m=6630
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