SWR3 Gedanken

SWR3 Gedanken

Wer hätte nicht irgendwann mal davon geträumt? Alles hinter sich zu lassen, noch mal ganz neu anzufangen. Raus aus dem eingefahrenen Trott, Träume verwirklichen, im Buch des Lebens ein ganz neues Kapitel aufschlagen. Für die Meisten von uns bleibt es ein Traum, an dem man sich gelegentlich wärmt wie an einem Lagerfeuer. Es gibt ja auch tausend gute Gründe, es nicht zu tun: Der Job, das feste Einkommen, die Hypothekenraten, die Kinder. Die Liste ließe sich noch lange fortsetzen. Und weil wir den großen Schritt nicht gehen können oder wollen, begnügen wir uns mit den kleinen, überschaubaren: Dem Motorrad, auf dem wir am Wochenende mal so was wie Freiheit spüren. Dem Fernsehen, das uns die weite Welt, die wir nicht erleben können, ins Wohnzimmer holt. Schön portioniert und verbrauchsfertig zubereitet. Der große Traum aber, wirklich etwas Neues anzufangen, der bleibt.
Vielleicht sind ja die biblischen Geschichten auch deshalb jahrhundertealte Bestseller. Viele von ihnen sind nämlich klassische Aussteigergeschichten. Da ist etwa Abraham, der auf eine vage Verheißung hin sein Heimatland verlässt, um noch mal neu anzufangen. Da ist Petrus, der Fischer, der sein ganzes geordnetes Leben aufgibt, um einem gewissen Jesus zu folgen, der ihn fasziniert. Da ist schließlich dieser Jesus aus Nazareth, der gelernte Zimmermann, der eines Tages seine Werkstatt zurücklässt um etwas ganz anderes zu machen und den seine Familie erst mal für völlig verrückt erklärt. Keiner von ihnen hatte sein neues Leben generalstabsmäßig vorbereitet, sich nach allen Seiten abgesichert. Sie sind einfach losgegangen, im Vertrauen darauf, dass es richtig ist. Mit einem geradezu unglaublichem Gottvertrauen, würden wir sagen. Vielleicht ist es ja das, was diese Geschichten unter anderem so faszinierend macht. Ohne akribische Planung würde so etwas heute niemand wagen. Aber ob es am Ende gelingt, hat dann doch immer ganz viel mit Vertrauen zu tun. Vielleicht ja in einen Gott, der uns unsere Träume nicht nur schenkt, sondern sie auch begleitet.
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