SWR3 Gedanken

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„Schönes Wochenende“ wünschte mir der Kollege, als er am Freitag das Büro verließ. Ein mir gut bekannter Pfarrer hätte ihm darauf wohl geantwortet: „’Schönen Sonntag’ heißt das bei uns Christen“. In einem Punkt freilich irrt der Mann. Auch für Christen gilt schon lange die Fünf-Tage-Woche. Zumindest, sofern sie nicht zu jenen zählen, die auch am Wochenende arbeiten, weil Patienten versorgt werden, Züge fahren oder eben Radio gemacht werden muss. Der Sonntag ist längst schon ein Teil unseres Wochenendes geworden, das die meisten von uns immer noch mit freier Zeit für sich, die Familie oder Freunde verbinden. Da gehört dann durchaus auch mal der Shoppingbummel am Samstag dazu – auch wenn Andere dafür bis zum Abend arbeiten müssen.
Wenn die Kirchen dennoch so beharrlich für den Sonntag als den arbeitsfreien Tag kämpfen, der sogar im Grundgesetz festgeschrieben ist, dann geht es dabei nicht zuallererst um die sonntäglichen Gottesdienste. Der Kampf um den einen, für alle freien Tag in jeder Woche hat im Tiefsten etwas mit uns selbst zu tun. Er soll nämlich für uns da sein, nicht umgekehrt. Dieser freie Tag war vor langer Zeit mal eine kulturelle Errungenschaft, dazu gedacht, dass alle einen Gang zurückschalten und Zeit für einander haben können. Festgeschrieben wurde er mit quasi göttlicher Autorität schon in den ersten Versen der Bibel, als siebter Tag der Woche, an dem alles ruhen soll. Zur Sonntagsruhe für alle zurückkommen werden wir nicht mehr – und können es auch nicht. Dennoch ärgert es mich, wenn die Sonntagsruhe schleichend immer weiter aufgelöst wird, von wegen Konjunktur oder geändertem Freizeitverhalten. Ginge sie verloren, wäre es ein echter kultureller Verlust. Denn wann, wenn nicht am Sonntag, hätten wir sonst verlässlich Zeit füreinander, und zwar möglichst alle.
https://www.kirche-im-swr.de/?m=6601
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