SWR3 Gedanken

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Gnade vor Recht. Ein alter, großzügiger Akt des Erbarmens gegenüber Verurteilten. Demnächst hat Bundespräsident Köhler das Gnadengesuch von Christian Klar auf seinem Schreibtisch.
Christian Klar war der Kopf der RAF, der Roten Armee Fraktion, die in den 70er Jahren die Bundesrepublik bekämpft hat. Die RAF hat Spitzenleute aus Politik, Wirtschaft und Justiz entführt und umgebracht. Die RAF nahm dabei auch in Kauf, dass andere Menschen, wie die Fahrer der prominenten Opfer oder Polizisten, getötet wurden.
Christian Klar wurde wegen gemeinschaftlichen Mordes zu 6 mal lebenslänglich verurteilt. 24 Jahre seiner Haft sind vorbei. Seine Mindesthaftzeit wurde auf 26 Jahre festgelegt. Das heißt, er muss auf jeden Fall bis 2009 im Gefängnis bleiben. Nur wenn ihn der Bundespräsident begnadigt, kommt er früher frei. Es geht also um 1 oder 2 Jahre bei diesem Gnadenakt.
Fürsprecher setzen sich ein für die Begnadigung als ein Zeichen der Versöhnung, des Großmuts und als Abschluss eines der dunkelsten Kapitel der Bundesrepublik. Andere Fürsprecher sagen er stelle keine Gefahr mehr dar oder sagen lebenslange Haft sei wie „lebendig begraben sein.“
Gegner der Begnadigung denken vor allem an die Opfer und ihre Angehörigen. So sagt die Witwe des ermordeten Hans Martin Schleyer, dass sie bis heute noch kein Wort der Entschuldigung von Christian Klar gehört hat.
Was macht man mit einem Menschen, wenn er sich selbst nach Jahrzehnten nicht seiner Verblendung bewusst ist und nicht willens oder fähig um Verzeihung zu bitten? Wie will man diesen Menschen in eine Gesellschaft entlassen, in der gnadenlose Medien auf ihn warten, in der vor allem aber Menschen leben, deren Angehörige durch ihn sterben mussten?
Und: Kann ein Mensch Gnade erwarten, wenn er keine Reue zeigt?
Ich denke nein. Und bedaure das, wenn ich mich das sagen höre.
Aber wenn ein 6fach lebenslänglich Verurteilter aus humanitären Gründen nach 26 Jahren entlassen wird, dann sollte er, wenn er keinerlei Reue zeigt, nicht mit einer noch früheren Entlassung bevorzugt werden.


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