SWR2 Wort zum Tag

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„O Heiland reiß die Himmel auf“. Keine Sorge, ich will nicht den Schokoladennikoläusen im Supermarkt zuvorkommen. Sondern an Friedrich Spee erinnern, von dem dieses Adventslied stammt. Und der ein heftiger Kritiker der Hexenprozesse im 17. Jahrhundert war. Heute jährt sich sein Todestag. Geboren wurde Spee 1591 in einer Adelsfamilie. Er ging aufs Gymnasium und sollte wie sein Vater Jurist und Burgvogt werden. Doch Friedrich entscheidet sich für einen anderen Weg, er möchte als Missionar nach China gehen und schließt sich deshalb den Jesuiten an. Zwar geht sein Wunsch nicht in Erfüllung, aber in Deutschland kommt er doch weit herum. Sein Orden schickt ihn nach Trier, Fulda, Würzburg, Speyer und Worms, Köln und Paderborn. Spee lehrt Moraltheologie und ist als Beichtvater und geistlicher Begleiter tätig. Immer wieder wird er versetzt, oft auch, weil er sich zu sehr um Gestrandete und Gefährdete kümmert. Aber genau diese Verbindung zwischen Lehre und praktischem geistlichen Leben zeichnet sein Leben aus. Seine Erfahrungen fließen in seine vielen Gedichte und Lieder ein, die dadurch schon mal sehr drängend werden: „O Heiland reiß die Himmel auf“, „Wo bleibst Du Trost der ganzen Welt, darauf sie all ihr Hoffnung stellt? O komm, ach komm vom höchsten Saal, komm, tröst uns hier im Jammertal.“ Friedrich Spee kennt die Leiden vieler Frauen und Männer, die der Hexerei angeklagt waren. Er hat Verurteilte im Gefängnis besucht und sie zum Richtplatz begleitet, sich mit Verhören und Gerichtsakten auseinandergesetzt. Das alles fließt ein in sein neben den Liedern bekanntestes Werk, die anonym herausgegebene „Cautio Criminalis“. Darin argumentiert er mit spitzer Feder gegen die Hexenprozesse seiner Zeit. Er fragt sich, warum man so mühsam nach Zauberei suche. Man findet sie doch, wenn man sich die nächsten Ordensleute, Kapuziner, Jesuiten greift und sie foltert. Wenn sie nicht beim ersten Mal gestehen, soll man sie halt noch mehrmals foltern, dann werden sie schon noch gestehen. Und wenn man so immer weiter macht, sind schließlich alle Zauberer und Hexen. Sein Grundgedanke: wenn jemand unter Folter etwas gesteht, muss dieses Geständnis nicht wahr sein.
Mich fasziniert an Friedrich Spee, dass er mit allem Engagement aus seinem Glauben heraus lebt. Das, was er lehrt, versieht er selbst mit Hand und Fuß. Er pflegt immer wieder Kranke und Verwundete und so kommt es schließlich, dass er sich bei Opfern des Dreißigjährigen Krieges mit der Pest ansteckt und am 7. August 1635 mit 44 Jahren stirbt. Er hat sein Bestes getan und kräftig Hand angelegt für die Welt, wie Gott sie für uns Menschen haben will. Für den Rest ist Gott zuständig, so wie Spee es in seinem Adventslied formuliert: „O Sonn, geh auf; ohn deinen Schein in Finsternis wir alle sein.“
https://www.kirche-im-swr.de/?m=6524
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