SWR2 Wort zum Tag

SWR2 Wort zum Tag


Jetzt ist der Kampf vorbei. Unter den Augen der Öffentlichkeit, begleitet von einem Rauschen, das durch den gesamten Blätterwald von FAZ und ZEIT bis Bild und Bunte ging, im Licht der Fernsehkameras und kommentiert im Radio ging Wendelin Wiedeking schließlich geschlagen vom Platz. Es flossen sogar Tränen. Was war so faszinierend an diesem Machtkampf? Er war großes antikes Theater, zwei Helden prallen aufeinander, Achill gegen Hektor, Mann gegen Mann, auf wessen Seite stehen die Götter? Zahlen schwirren durch den Raum, die etwas Außerirdisches haben, wer kann sich schon tatsächlich unter 250 Millionen Euro etwas vorstellen, sicher nur die wenigsten. Frauen spielen selten eine Rolle bei solchen Spielen der Macht, Angela Merkel und Hillary Clinton sind - noch - Ausnahmeerscheinungen. Der weibliche Beitrag zum Thema besteht eher darin, dass die Gladiatorensandale DAS modische Accessoire dieses Sommers ist. Immer noch ist er eher Männersache, der Kampf um die Macht. Doch ist er auch Göttersache? Im griechischen Olymp gewiss. Im Christenhimmel ist die Sache nicht so einfach. Immerhin versucht der Teufel in der Wüste Jesus mit dem Angebot unbegrenzter Macht, Macht zu haben ist also eine Versuchung, eines Gottessohnes würdig. Da Jesus sich stellvertretend für alle Menschen mit den Versuchungen des Teufels beschäftigt heißt das aber auch, dass der Umgang mit Macht etwas ist, das alle Menschen betrifft - auch die Frauen. Denn der Teufel ist ja nicht dumm, sondern bietet etwas Verführerisches an: Die Herrschaft zu übernehmen, Schicksal spielen dürfen, über Wohl und Wehe anderer Menschen entscheiden, die Geschicke eines Landes, ja der Welt beeinflussen. Das ist verlockend, und nur so ist zu erklären, dass zwei Männer wie Wiedeking und Piech mit solcher Erbitterung kämpfen. Die Faszination der Macht. Die alle ergreift. Und alle Menschen müssen sich fragen, wie sie mit ihrer Faszination umgehen, ob lediglich als Zuschauer bei Kämpfen, die andere austragen, ob als Accessoire mächtiger Männer oder als Mensch, der verantwortungsvoll Macht ausübt. Denn Macht hat ihren Preis. Jesus hätte dafür den Teufel anbeten müssen. Er hat sich für eine andere Form der Machtausübung entschieden, für die Macht der Liebe und blieb dabei, nur Gott anzubeten. Es kommt also vielleicht darauf an, zu wem man betet oder was man anbetet, wenn man um die Macht kämpft oder mit der Macht umgeht. Ich fände es wirklich sehr spannend zu wissen, wie Ferdinand Piech und Wendelin Wiedeking es damit halten.
https://www.kirche-im-swr.de/?m=6505
weiterlesen...