SWR3 Gedanken

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„Was weiß die Kuh schon vom Sonntag?“ Fragt ein Sprichwort. Wissen tut die Kuh wahrscheinlich nichts, aber vielleicht spüren, wenn sie sonntags mal länger auf der Weide stehen darf als im engen Stall. Und was wissen wir fühlende und denkende Menschen vom Sonntag?
Dass er den Menschen gut tun soll. Indem er ihn von den Pflichten befreit, die ihn unter der Woche binden. Dass der Mensch die Unterbrechung, die regelmäßige Erholung braucht. Denn ohne Sonntage gibt’s nur noch Werktage.
Wenn die Kirchen immer wieder die Sonntagsruhe anmahnen, ist das kein vorgestriges Rückzugsgefecht, sondern ein Jahrtausende altes Wissen, das die Religionen als kostbaren Schatz bewahren wollen: dass der Mensch mehr ist als was er leistet. Dass der Mensch mehr ist als was er sich leisten kann. Und dass die Voraussetzung für Seelenheil die Seelenruhe ist.
Ich hab letztlich eine Postkarte bekommen. Auf ihr stehen lauter schöne Sachen, die man besonders gut am Sonntag machen kann. Zum Beispiel: tagträumen, die Comicsammlung sortieren, schlafen bis es nicht mehr geht, sehen wie die Sonne durch Kirchenfenster fällt, zusammen frühstücken und alle haben Zeit, Tatort gucken, über einen Friedhof streifen, vormittags in der leeren Straßenbahn fahren, rote Blumen auf dem Altar sehen, Zeit für Langeweile haben, Weihrauch riechen, Schaufensterbummeln ohne Geld ausgeben, sich rausputzen und ins Konzerthaus zur Matinee gehen oder Buttercremetorte ohne schlechtes Gewissen essen...
https://www.kirche-im-swr.de/?m=6491
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