SWR2 Wort zum Tag

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Evangelische und katholische Christen können zusammen singen. Sie haben gemeinsame Lieder. Damit sind sie dem Ziel ihrer Einheit schon sehr viel näher, als sie es selbst oft meinen. Darauf macht die evangelische Theologin Christa Reich aufmerksam in ihrem Buch „Evangelium - klingendes Wort“. (Stuttgart 1997)
Ihr Ausgangspunkt: In der Bibel sind Lied, Hymnus und Lobpreis die ältesten Textformen. Wenn Menschen von Gottes Handeln sprechen und von den eigenen Erfahrungen in ihrer Geschichte, tun sie das zuerst „im Singen und Sagen“, im Singen und Musizieren. Was Gott tut und was sie erfahren haben, wird nachvollzogen, mit vollzogen – in einem Klanggeschehen. So haben sich die ältesten Aussagen über den Glauben auch nicht als Buch, als Lehrtexte geformt, sondern als Lieder, als Klang. „Gott ist mein Lied“, so hat Israel gesungen, als es durch das Schilfmeer hindurch gerettet, gleichsam aus der Tiefe wieder aufgestiegen war. (Ex 15,2) Und bevor Paulus seine Briefe schrieb, haben christliche Gemeinden ihren Glauben gefeiert und gesungen in Liedern und Hymnen, als Lobpreis des Christus, der aus dem Tod errettet und zu Gott erhöht worden ist. ‚Singen und Beten’ geht anderen Ausdrucksweisen des Glaubens voraus. Von Anfang an ist der Lobpreis die klingende Gestalt von Glaube und Hoffnung, - so die Theologin Christa Reich.
Seit Jahrzehnten schon – so fährt sie fort - gibt es Lieder in den offiziellen Gesangbüchern der Kirchen, die mit einem „Ö“ für „ökumenisch“ ausdrücklich gekennzeichnet sind. ‚Mit einem Munde’ sollen die Gemeinden Gott loben.
So wie grundsätzlich das Bekennen des Glaubens dem Nachdenken über ihn vorausgeht, so ist auch die Einheit der Christen im Singen und Beten dem Nachdenken über theologische Fragen voraus.
Aus dem gemeinsamen Singen und Beten – so könnte man schließen – entsteht eine Dynamik. Die Einheit der Christen ist nicht mehr nur ein erstrebenswertes Ziel, sondern schon von Gott her gegeben.
Eines dieser „ökumenischen“ Lieder drückt das besonders deutlich aus:
„Wir glauben Gott im höchsten Thron, wir glauben Christum, Gottes Sohn. … Wir glauben Gott den heiligen Geist, … den Geist, der heilig insgemein, lässt Christen Christi Kirche sein.“ (GL 276)
https://www.kirche-im-swr.de/?m=6457
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