SWR3 Gedanken

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Der Prophet gilt nichts im eigenen Land. Meine Frau erzählt den Kindern im Kindergottesdienst wie das war, als Jesus wieder mal in sein Heimatdorf kam, nach Nazareth. Und was das mit ihnen zu tun hat. Eine schwierige Bibelstelle. Denn eigentlich ist es ja etwas Schönes nach Hause zu kommen, wo einen jeder kennt, wo man aufgewachsen ist, wo man doch eigentlich Heimvorteil hat. Aber Jesus hat keinen Heimvorteil. Er kommt an einem Sabbat, dem jüdischen Ruhetag. Mit seinen Kumpels von früher trifft er sich in der Synagoge, dem Gebetshaus. Sie beten und lesen in der jüdischen Bibel. Und dann steht Jesus auf und predigt. Er kann das wirklich gut. Hat woanders schon hunderte und tausende begeistert und mitgerissen. Aber zu Hause in Nazareth ist es anders. Seine Kumpels schauen ihn an und sagen: Was willst Du uns erzählen? Du bist doch kein Lehrer, bist doch der Sohn vom Josef, dem Zimmermann. Wir kennen Dich doch. Lass gut sein.“
Meine Frau hat im Gottesdienst die Geschichte erzählt und Figuren aufgestellt. Jesus auf der einen Seite, die Bewohner von Nazareth auf der anderen Seite. Dazwischen legt sie Steine. Als Symbol für die Sprüche, mit denen Jesus abgelehnt wird: „Du kannst uns nichts erzählen.“ „Du bist doch immer noch ein Kind.“ „Lass uns in Ruhe.“ Ein Spruch – ein Stein. So entsteht eine richtige Mauer. Undurchdringlich. Jesus ist isoliert. Was er sagen will kann nicht durch die Mauer dringen.
Jetzt fragt meine Frau die Kinder, wie es weitergehen könnte. Einige sagen, dass Jesus bestimmt weggeht. Und so war es auch in der Bibel. Er geht einfach weg. Aber ein Kind hat eine andere Idee: wenn einer von seinen Kumpels sagen würde: „Lasst ihn doch mal ausreden. Hört ihm doch erst mal richtig zu, dann könnte es klappen.“ Meine Frau zündet für diese Idee eine Kerze an. Sie nimmt einen Stein aus der Mauer und stellt die Kerze an seine Stelle. Die Mauer ist durchbrochen. Einer muss nur den Anfang machen.


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