SWR3 Gedanken

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Der Mann im grauen Anzug und weißen Hemd mit gestreifter Krawatte zündet eine Kerze an, verlässt den Raum und eilt zu seinem Mittelklassewagen. Er fährt vom Parkplatz und fädelt sich wieder ein in den dicht fließenden Verkehr auf der A 8 Richtung München. Der Ort, den er verlässt, ist die Autobahnkapelle Adelsried. Sie ist die älteste Autobahnkirche Deutschlands, wurde 1958 eingeweiht.

Mittlerweile gibt es deutschlandweit 32 Autobahnkirchen und – kapellen. „Raststätten für die Seele“ wollen sie für all die Menschen sein, die für ein paar Minuten dem Verkehrsstress entfliehen wollen. Und das Angebot wird genutzt. Über eine Million Menschen halten übers Jahr an einer Autobahnkirche an, um – ja um was zu tun?

Vielen Menschen geht es um die Stille des Ortes. Für ein paar Minuten innehalten, die Geborgenheit des Raumes erleben, innerlich zur Ruhe kommen. Aber die Seele sehnt sich offenbar nach mehr. Fast 150.000 Opferkerzen werden in Adelsried jährlich angezündet, ungefähr 3000 Seiten im ausliegenden Gebetsbuch werden im selben Zeitraum gefüllt.

Und da finden sich die verschiedensten Anliegen. „Lass meine Katze in den Katzenhimmel kommen“, steht da in Kinderschrift. Jemand bedankt sich für die bestandene Fahrprüfung. Und zahllose Menschen vertrauen in diesem Buch Gott ihre Sorgen um kranke Familienmitglieder an.

Am Rande der Autobahn Gott finden. Oder doch zumindest das Leben für eine Weile entschleunigen. Und das an einem Ort, an dem einen keiner kennt und keiner anspricht. Gerade die Anonymität und Unverbindlichkeit der Autobahnkirchen macht für viele den Reiz dieser „Tankstellen für die Seele“ aus.

Vielleicht sind Sie heute auch auf einer Autobahn unterwegs. Zur Arbeit oder in den Urlaub. Und vielleicht ist Ihnen schon häufiger das blaue Schild aufgefallen, das auf eine Autobahnkirche hinweist. Dann biegen Sie doch einmal ab und tanken sie Ihre Seele auf.
https://www.kirche-im-swr.de/?m=6363
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