SWR3 Gedanken

SWR3 Gedanken

Da lebte am Rhein oberhalb von Koblenz, in der Nähe der Loreley,
ein Einsiedler namens Goar.
Der war fromm – und deswegen war er auch sehr gastfreundlich.
Jeden Tag hatte er Besuch: Schiffsleute vom Rhein und Pilger...
Nach der Messe am Morgen frühstückte er mit ihnen.
Die Kapitäne warnte er vor den gefährlichen Loreley-Felsen im Rhein,
gekenterte Besatzungen rettete er vor dem Ertrinken...
Ein guter Mensch – und so einer soll Feinde haben?
Hatte er.
Ein missgünstiger Intrigant schwärzt ihn beim Trierer Bischof an;
der Einsiedler Goar soll nicht nur Fressen und Saufen,
sondern auch mit dem Satan im Bunde stehen.
Der Bischof lässt Goar verhaften und nach Trier bringen.
Unfreundlicher Empfang, niemand nimmt ihm die Reisekleidung ab –
da hängt Goar Hut und Mantel an einem Sonnenstrahl auf.
Der Bischof muss ihn trotzdem (oder jetzt erst recht) auf die Probe stellen:
Goar soll ein drei Tage altes Findelkind dazu bringen,
dass es sagt, wer seine Eltern sind.
Das Wunder gelingt dem Heiligen –
und das Baby teilt mit: Rusticus ist der Vater - der Bischof selbst.
(Ein Bischof übrigens, der wohl auch Legende ist;
in den Archiven findet sich sonst keine Spur von ihm.)
Der Bischof bekennt sich zu dem Kind und bereut –
er wird dann für das Kind gesorgt haben und für die Mutter auch.
Und Goar ist diskret. Das bleibt unter Männern, sozusagen.
Statt ihn auszuliefern, nimmt er den Bischof in Schutz.
Heute fände sich sicher jemand,
der die Geschichte von einem Bischof als Vater eines Kindes
möglichst teuer verkauft und den Mann fertigmacht...
Wenn ich mit der Bahn unterwegs bin zwischen Koblenz und Mainz,
denke ich kurz vor der Loreley an den heiligen Einsiedler Goar;
sollten die Geschichten über ihn nur Legenden sein, sind sie gut erfunden. Jedenfalls hat Sankt Goar Menschen vor dem Untergang bewahrt.
Nicht nur vor dem Ertrinken im Rhein. https://www.kirche-im-swr.de/?m=6325
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