SWR2 Wort zum Tag

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Darwin: Evolution und Schöpfung
Die Evolution Gottes

Die Evolutionstheorie macht Schluss mit einem Schöpfergott. Das ist aus Anlass von Darwins zweihundertstem Geburtstag oft zu lesen und hören. Aber wie geht das? Eigentlich nehmen doch die Rede von Gott und die Evolutionstheorie völlig Unterschiedliches in den Blick!
Bei der Evolutionstheorie geht es seit Darwin darum, die Welt genau zu beobachten und zu deuten. Es geht ihm darum, die Wirklichkeit besser zu verstehen: Warum verändern sich Tiere? Wie passen Dinosaurierskelette in unser Weltbild? Wie ist der Mensch entstanden?
Geht es um Gott, treten völlig andere Themen in den Mittelpunkt. Der Theologe Dietrich Bonhoeffer schrieb einmal: „Einen Gott, den es gibt, gibt es nicht.“ Denn Gott kommt sicher nicht in der Welt vor, wie Tiere, Dinosaurierskelette oder Menschen. Mit Gott kommt vielmehr eine andere Wirklichkeit in den Blick. Die Theologie spricht hier von der Transzendenz Gottes. Transzendenz heißt: Überschreiten, hinübergehen. Denn Gott überschreitet unsere sichtbare, erfahrbare, naturwissenschaftlich erfassbare Welt. Er lässt sich nicht dingfest machen. Er ist der ganz Andere. Von Gott reden können wir Menschen trotzdem. Denn auch wir sind transzendente Wesen. Auch wir können über uns selbst hinausgehen. Können zum Beispiel staunen, nachdenken oder nach dem Anfang des Menschen fragen. All das führt uns Menschen über uns selbst hinaus.
Allerdings: Gott ist nicht nur transzendent. Thront nicht etwa fern im Himmel, über den Wolken, irgendwo im Jenseits, wie man das lange Zeit gedacht hat. Christen glauben, dass Gott Mensch ist, in Jesus auf die Welt kommt. Hier kommt Darwin dann doch ins Spiel. Denn wenn Gott Mensch wird und der Mensch Teil des evolutionären Prozesses ist: Entwickelt sich dann auch Gott? Ist er in den Gang der Evolution eingebunden? Ist Gott etwa ein „Gott im Werden“? Das Bild der Menschwerdung legt diese Vorstellung nahe. Denn wenn Gott Mensch wird, heißt das konsequent zu Ende gedacht, dass sich Gott ganz auf die Welt einlässt – und so eben Teil der Entwicklung von allem ist, Anteil an der menschlichen Evolution hat. Ein Gott, der in der Evolution anwesend ist? Dieser Gedanke lässt mich Gott so denken, dass er den Menschen nahe kommt, dass er mir nahe kommt, Anteil an meinem Leben hat und nimmt. Gott ist so in und durch Menschen auch Teil der Entwicklung des Menschen. Das heißt: Der Schöpfergott ist auch in der Evolution des Menschen anwesend. Und damit lässt er mich als Menschen fragen, was uns als Menschen voranbringt, menschlicher macht – und dadurch göttlicher. https://www.kirche-im-swr.de/?m=6318
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