SWR2 Wort zum Tag

SWR2 Wort zum Tag

Auf alten Bildern kann man ihn noch sehen, den Sämann. Weit ausschreitend geht er über die Felder, greift in die Schüssel vor seinem Bauch und wirft in weitem Bogen den Samen aus. Ein Bild wie aus uralten Zeiten. Längst machen das die Maschinen, und alles muss schnell hoch wachsen zur Ernte. Aber mit dem Wachsen ist das so eine Sache. Vieles kann heute gesteuert, auch manipuliert werden, aber dass die Saat aufgeht, bleibt immer noch eine spannende Geschichte.
Genau die brachte Jesus, der große Geschichtenerzähler, damals mit Gott zusammen. Er erzählt von solch einem Sämann. Er hat seine Arbeit getan, er schläft und steht auf, Nacht und Tag – so heißt es. „Und der Same keimt und wächst empor, der Mensch weiß nicht wie. Selbsttätig bringt die Erde Frucht, zuerst den Halm, dann die Ähre, dann das volle Korn in der Ähre.“ Genauso ist das mit der Gegenwart Gottes, sagt Jesus. Längst ist er da, jeder Mensch kann ihn spüren. Und wer es mit Jesus zu tun bekommt ganz besonders. Seine Botschaft von der Gottes- und Nächstenliebe ist wie eine Saat, die aufgeht. Seit 2000 Jahren schon, nein, eigentlich schon, seitdem es Menschen gibt. Jeder Mensch hat eine Ahnung von dem Geheimnis, das wir Gott nennen. Christlich hat es einen Namen und ein Gesicht in dem Poeten aus Nazaret. Unglaublich ist das Gottvertrauen, das dieser Jesus hatte und jedem empfiehlt: Die Saat geht auf und der Mensch weiß nicht wie. Selbsttätig bringt die Erde Frucht, „automatisch“ heißt es wörtlich. Da ist ein ungeheueres Vertrauen im Spiel, dass Gottes Gegenwart wirkt. Man braucht ihm nicht auf die Sprünge helfen, genauso wenig wie man den Halm hoch zupfen kann, um das Wachstum zu beschleunigen. Es gibt so viele ganz kleine Anfänge in den Kirchen, bei den Christen, unter den Menschen guten Willens – unscheinbar und keine Schlagzeile wert. Aber der Same wirkt und es wächst. Jesus selbst hatte nur ein Jahr Zeit, um predigend und heilend über die Dörfer zu ziehen. Dann brachte man ihn um. Aber die Saat ging auf und sie geht bis heute auf. Natürlich ist das keine Geschichte für Faulenzer. Vertrauen in das Leben, das Gott mit uns lebt, ist kein Selbstläufer. Aber diese Sorglosigkeit, die aus den Worten Jesu spricht, ist umwerfend und höchst hilfreich. Nichts von Panik, nichts von Hektik, eine unglaubliche Zuversicht, dass Gott da ist und wirkt - wie beim Wachsen draußen in der Natur.
Jeder Tag ist eine Einladung, Frucht zu bringen und die Saat des Guten aufgehen zu lassen. Das alte Bild vom Sämann erzählt vom Wirken Gottes in jedem Atemzug, und von der Frucht, die dadurch heranwächst.
https://www.kirche-im-swr.de/?m=6245
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