SWR3 Gedanken

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Ein ungewöhnlicher Theaterabend in Freiburg: Obdachlose weisen die Plätze an. Auf der Bühne ein Chor aus Hartz-IV-Empfängern und Wagenburgbewohnern. Davor 5 Schauspieler an einem Tisch. Sie versuchen, gemeinsam einen Hartz-IV-Antrag auszufüllen. Dabei befragen sie immer wieder einen „Bettlerchor“: „Wo schlägt man sich am besten eine Nacht um die Ohren?“, „Wo gibt’s verbilligte Lebensmittel?“, „Welche Sätze machen bei den Passanten am meisten Geld locker?“ Im Hintergrund kocht dazu jemand einen Eintopf.
Auf dem Spielplan steht die „Bettleroper“. Der Regisseur Christoph Frick will den Alltag von Menschen zeigen, die durchs gesellschaftliche Raster gefallen sind. Bei solchen Produktionen besteht natürlich die Gefahr, dass diese Menschen vorgeführt werden und Klischees sich verhärten.
Die Freiburger sind sensibel mit dem Thema umgegangen. Das bestätigt Uli. Er singt im „Bettlerchor“. Früher hat er tatsächlich Flaschen gesammelt und gebettelt. Jetzt ist er Redakteur bei einer Freiburger Obdachlosenzeitung. Er war es, der den Kontakt zum Theater hergestellt hat.
Uli trägt einen St. Pauli-Kapuzenpulli mit Totenkopf und ein ausgebleichtes Käppi. Er sagt: „Die Bettleroper soll die Besucher zum Nachdenken anregen. Wenn sie nach der Aufführung denken: `Hoppla, die haben ja eine Stimme und können sich ausdrücken´, dann kann ein Dialog auf Augenhöhe beginnen.
Das Theater sorgt dafür, dass die Armen aus Freiburg eine Stimme bekommen. Und dass der Dialog tatsächlich beginnen kann. Denn nach der Aufführung gibt es Eintopf für alle. Und zwar den, der auf der Bühne gekocht wurde.
Wer sich nun wirklich auf Augenhöhe begeben will, kann dies heute Abend tun. Um 20.00 Uhr im kleinen Haus des Theaters Freiburg wird sie noch mal aufgeführt: die „Bettleroper“.

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