SWR3 Gedanken

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Ein leuchtend gelber Altbau mitten in Berlin. Innen: Kronleuchter, Stuckdecken und Goldbordüren. Hört sich nach teurer Villa an. Ist aber ein Obdachlosenheim. Und zwar angeblich das schönste der Welt.
Vor der Umgestaltung sah es aus wie in vielen Wohnheimen: alte, zusammengewürfelte Möbel und geflieste Wände wie in einer Fleischerei. Doch jetzt ist alles neu und elegant.
20 ehemals Obdachlose und Suchtkranke wohnen hier. Für sie eine ungewöhnliche Umgebung. Ledersofas, prunkvolle Bilderrahmen und Zimmerpflanzen. Aber sie genießen es. Jürgen Roscher ist einer von ihnen. Er sagt: „Es ist so, wie wenn jeden Tag Sonntag wäre.“
Die Idee stammt von der Künstlerin Miriam Kilali. Sie hat während ihres Studiums in einer sozialen Beratungsstelle gearbeitet und dort viel mit Obdachlosen zu tun gehabt. Auch ihre Unterkünfte kennen gelernt. Ihr fiel auf, dass die Menschen oft sehr hoffnungslos gewirkt haben. Ohne richtige Lebensperspektive. Das wollte sie ändern. Und sie fing an beim Haus Schöneweide. Das Haus wurde völlig umgebaut. Nur durch Spenden finanziert. Die Bewohner haben mitgeholfen, wo es ging. Sie durften sich sogar ihre Möbel selbst aussuchen.
Miriam Kilali ist froh. In ihren Augen ist es gelungen, den Bewohnern hier ein Stück Menschenwürde zurück zu geben. Sie erinnert sich an den Tag, als das erste Zimmer fertig wurde: „Der erste Bewohner, Herr Sternberg, saß ganz gemütlich mit einer Zigarette in seinem neuen Sessel und hat gesagt: `Ich bin jetzt reich!´“
Natürlich hatte er keinen Cent mehr in der Tasche als davor. Aber Herr Sternberg hat wahrscheinlich einen anderen Reichtum gemeint. Einen, den man nicht in Euro und Cent abrechnen kann.
https://www.kirche-im-swr.de/?m=6232
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