SWR3 Gedanken

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„Du, Frau Wüst, das soll jetzt mal der Gott machen“, sagt der kleine Nick und stapft grimmig mit seiner kleinen Gießkanne Richtung Kindergarten. Blumengießen lautet der Auftrag. Und es gibt viele Blumen zu gießen. Und Nick hat keine Lust mehr. Ich auch nicht. Aber die Blumen müssen gegossen werden. Deswegen hole ich Nick zurück.

„Wieso soll das der Gott machen?“ frage ich. „Das ist doch unsere Aufgabe.“ Aber der kleine Nick sieht das ganz anders. „Die Sabine hat uns erklärt, dass Gott alle Blumen und alle Tiere und alle Menschen gemacht hat. Und dass ihm die ganze Welt gehört. Dann muss er sich doch auch darum kümmern.“

Ach so. „Weißt du“, fährt Nick fort, „bei meinen Sachen sagt die Mama immer: Das gehört dir, und deswegen mußt du dich auch darum kümmern. Deswegen gieße ich jetzt keine Blumen mehr. Die gehören ja dem Gott. Wieso macht der das nicht?“

„Na, in gewisser Weise macht er das schon“, erkläre ich dem kleinen Nick. „Wenn es regnet, werden ja auch die Blumen naß. Das ist wie Gießen vom Himmel. Aber wenn die Sonne lange scheint, dann werden die Blumen eben trocken. Dann müssen wir Menschen einspringen mit Gießen. Zumal dem Gott richtig viele Blumen gehören. Auf der ganzen Welt.“

Noch immer ist sich Nick nicht sicher, wieso das sein Problem sein soll. Soll der Gott sich eben nicht so viele Blumen anschaffen. „Aber er tut es ja für uns,“ erkläre ich ihm. „Damit wir etwas davon haben. Blumen sind schön und sie dienen den Bienen, um Honig zu machen. Und den kannst du dann essen. Auf deinem Brot.“

Der kleine Nick liebt Honigbrot. Und dass der Gott ihm dafür die Blumen überläßt, findet er schon gut. Deswegen schnappt er sich wieder seine kleine Gießkanne und wässert die Beete. „Aber morgen“, sagt Nick, „morgen könnte der Gott mal wieder vom Himmel gießen. Das geht einfach schneller.“

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