SWR3 Gedanken

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„Keine Angst! Du trittst gleich über die Dachkante und dann geht’s ganz gemütlich abwärts.“
Ich stehe mitten auf so einem Wolkenkratzer und unter mir ein gähnender Abgrund. Wenn das mal so einfach wäre. Ebenen Boden unter den Füßen hat man nicht mehr, wenn man da runterläuft. Hochhausrunning nennt man das. Und ich hab’s gemacht. Eine super Erfahrung! Auf dem Dach des Wolkenkratzers wird man fachmännisch angegurtet und dann geht’s tatsächlich ganz gemütlich herunter. Man geht spazieren. Nur halt senkrecht auf der Mauer eines Hochhauses. Mit Blick Richtung Erde.

Vor ein paar Tagen hat mich jemand gefragt, was denn der Glaube sei. Was verändert sich, wenn man glaubt? Kann man ‚Glauben’ erfahren?
Ich meine, ja. Denn eigentlich ist ‚glauben’ wie Hochhausrunning: Der Blickwinkel, die Perspektive verändert sich.

Wenn ich am Hochhaus herunter spaziere, sieht die Welt ganz anders aus. Ich nehme alles um mich herum auf einmal ganz anders wahr: Die Skyline der Stadt breitet sich vor mir aus, die Autos, die Menschen auf den Strassen sind weit weg und niedlich klein, das Adrenalin lässt mich die Luft, die Geräusche, die Farben intensiver wahrnehmen.

Mit dem Glauben ist es genauso: Man nimmt die Welt, die Menschen anders wahr. Der Blickwinkel, der ändert sich. Der Abstand zur Erde macht manches kleiner, unwichtiger. Ich sehe mehr auf das Ganze, sehe, wie schön das ist, so von oben. Wenn ich glaube, dann begreife ich die Welt als Gottes Schöpfung; die Menschen und die Tiere als Geschöpfe Gottes und damit wird alles, was um mich herum ist, kostbar und einzigartig, man könnte sagen ‚göttlich’. Jedenfalls von Gott gewollt.

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