SWR2 Wort zum Tag

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Ihr könnt machen, was ihr wollt – ohne Liebe könnt Ihrs vergessen. Wenn ihr es aber schafft zu lieben, habt ihr etwas Unvergängliches. Das sagt der Apostel Paulus im 1. Korintherbrief , Kapitel 13. Ein Lob auf die Liebe kann man diesen Text nennen. Schön ist er und erschreckend anspruchsvoll. Egal, was einer tut: toll reden, viel wissen, felsenfest glauben, sich engagieren für andere bis zur Selbstaufgabe – es ist nichts wert, wenn keine Liebe dabei ist. Das klingt hart, aber es deckt sich mit Erfahrungen. Denn es gibt sie ja, die Perfekten, die Tollen, die bewundernswerten, bei denen einem trotzdem nicht warm ums Herz wird. Und wie manches teure Geschenk macht doch keine richtige Freude, weil der Beschenkte spürt: Der meint mich nicht wirklich. Der gibt nichts von sich dazu. Was nicht mit Liebe geschieht – wenigstens mit etwas Liebe -, taugt nicht, ob das Kochen ist, pflegen, Kinder großziehen oder Musizieren.
Dann beschreibt Paulus die Liebe und legt dabei auch wieder die Latte sehr hoch: langmütig, gütig, langsam zum Zorn, Liebe prahlt nicht, trägt nicht nach, freut sich nicht über das Unrecht, erträgt alles. O je – wer kann so sein? Jeder ist doch mal ungeduldig, zornig, schadenfroh, sich selbst der Nächste. Ohne einen gesunden Egoismus kann man doch schließlich nicht leben. Egoismus, Sorge für sich selbst, und Liebe widersprechen sich ja auch nicht, im Gegenteil.
Das Ideal der Liebe, wie es hier in der Bibel steht, ist oft missbraucht worden. Man hat damit Menschen unterdrückt, ihnen verboten, auch an sich zu denken. Das war keine gute Basis, um eigene Interessen und die Interessen anderer gegeneinander abzuwägen. Auch so ein Satz: „die Liebe erträgt alles“ hat natürlich oft dem Ausnutzen Tür und Tor geöffnet. „Die Liebe erträgt alles“ bedeutet aber nicht: wer liebt, muss sich alles gefallen lassen, darf nie nein sagen, nie Stopp rufen, nie eigene Wünsche anmelden und auch durchsetzen wollen.
Wenn man dieses Missverständnis ausschließen kann, dann zeigen die Worte des Paulus ihren wahren Wert. Denn es stimmt ja auch, dass liebende Menschen sehr viel füreinander tun, auf sich nehmen, aushalten und dabei auch viel Glück erleben. Und dass sie in allem, was vergeht, etwas Bleibendes stiften.
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