SWR4 Abendgedanken RP

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Mit den Eröffnungsgottesdienstes und dem "Abend der Begegnung" wird heute der 32. Deutsche Evangelische Kirchentag in Bremen eröffnet. 250 000 Menschen flanieren durch die Bremer Innenstadt und lassen sich von der Atmosphäre des Kirchentags begeistern. Darunter sind auch Menschen aus unserer Region, die frühere Kirchentage miterlebt haben, von diesem Kirchentag viel erwarten und viel nach Hause mitnehmen wollen.

Teil 1
Der Deutsche evangelische Kirchentag – ein Ort der Begegnung - das evangelische Großereignis, es zieht alle zwei Jahre hunderttausende junge und alte Menschen in die großen Städte. Kirchentag – das sind Gottesdienste, Musikfestivals, geistliche Erlebnisse in den Kirchen und auf den großen Podiumsveranstaltungen. Diskutieren, Singen – mitswingen –auf dem Markt der Möglichkeiten neue Impulse bekommen, all das kann der Kirchentag sein.
Warum zieht dieses Ereignis auch Menschen aus unserer Region immer wieder an?
Nana Röhm hat gerade Abitur gemacht, sie war schon mehrmals auf dem Kirchentag:

Also das Schönste, was ich auf dem Kirchentag bis jetzt erlebt hab ist das gemeinsame Musizieren, vor allen Dingen die Gospelsinger zu hören, auch mal zu zuhören, abzuschalten und danach auch viele gemeinsame Erfahrungen mit den Gruppen was zusammen zu machen, zu singen, zu musizieren.

Pfarrer Harald Esders-Winterberg aus Partenheim freut sich jedes mal wieder auf diese Tage:

Bei Kirchentag denke ich an die Gemeinschaft von vielen Menschen, an offene Begegnun-gen, an volle Strassen, schöne Musik und viele gute Gespräche.

Hiltrud Runkel ist Filialleiterin einer Bank und nimmt sich in diesen Tagen Urlaub:

Ich freue mich beim Kirchentag eigentlich am meisten auf die Gemeinschaft mit anderen Mensche, auf Gleichgesinnte, auf das Feierabendmahl, ich bin gern mit Leuten zusammen, wir beten gemeinsam, wir haben dieselben Interessen. Früher habe ich im Chor mal mitgesungen beim Abschlussgottesdienst, wir haben geprobt den ganzen Kirchentag über und dann gemeinsam am Abschlussgottesdienst die Lieder gesungen, das war ein ganz tolles Erlebnis, dann bekommt man Gänsehaut, wenn man da vor steht, alles singt zusammen, ich weiß gar nicht, wie viel Menschen wir waren.

Und die Erzieherin Heidi Runkel war schon vor einigen Jahrzehnten zum ersten Mal auf dem Kirchentag, sie war damals noch Konfirmandin und ist mit einer Jugendgruppe hingefahren. Wie viele Jugendliche, wenn sie richtig angesprochen werden, war sie besonders empfänglich für Musik und geistliche Erlebnisse, wie sie zum Beispiel eine ökumenische Klostergemeinschaft aus Frankreich überzeugend feiert

Beeindruckt hat mich damals die Nacht der Lichter von den Brüdern von Taizé, die Taizé-Lieder, und das ist etwas, wo ich mich jedes mal drauf freue, wenn ich zum Kirchentag fahre, dass ich auf die Nacht der Lichter gehe zu den Brüdern von Taizé.

Mensch, wo bist Du?", so lautet die Losung des Kirchentages in Bremen, der von heute an bis zum Sonntag veranstaltet wird. Die Losung nimmt ein Zitat aus der Paradiesgeschichte mit Adam und Eva auf. In 3500 Veranstaltungen und Angeboten, beim Abend der Begegnung, der jetzt im Augenblick gerade in Bremen so viele Menschen anzieht. Auf dem „Markt der Möglichkeiten“, der kirchliche Initiativen, Projekte, Gemeindegruppen und auch zum Beispiel die dia-konische Arbeit der evangelischen Kirche vorstellt, kann man sich informieren über die vielen tausende Angebote, die die evangelische Kirche in Deutschland macht.

Teil 2
Auch Menschen aus unserer Region haben sich darauf ganz unterschiedlich vorbereitet. Was erwartet sie, was erwarten sie?
Heidi Runkel, von Beruf Erzieherin, war schon oft auf dem Kirchentag. Und hat sich rechtzeitig auch auf den Bremer Kirchentag vorbereitet:

Ich melde mich an, ich bekomme das Programm geschickt, freue mich dann schon darauf, melde mich immer früh an, wenn es geht, damit ich viele Wochen Zeit hab, das Programm durchzulesen, das hab ich auch jetzt gemacht. Es ist ne unglaubliche Vielfalt und ich hab jetzt so mir nen kleinen Tageskalender angelegt.

Uli Röhm aus Jugenheim in Rheinhessen arbeitet als Journalist und Redakteur beim Zweiten Deutsche Fernsehen. Er begleitet seit vielen Jahren Kirchentage und hat eine besondere Ver-antwortung für den Bereich Bildung und Erziehung, eine Aufgabe, die sich wie selbstverständ-lich aus der Kirchentagslosung ergibt: „Mensch, wo bist Du?“ ist das Motto dieses Kirchentages- eine Anfrage an unsere Verantwortung in der Gesellschaft.

Ich bin Mitglied der Projektgruppe, die die Hauptpodienreihen vorbereitet, das sind thematische Großveranstaltungen unter dem Stichwort: Erziehen und Bilden, zwei von diesen moderiere ich selber, darüber hinaus habe ich aber auch ’nen Training für Moderatoren durchgeführt für ehrenamtliche Kirchentagsmoderatoren und ich hab des Novum beim Kirchentag, zum ersten Mal ‘en Online-Forum mit der sueddeutschen.de und taz.de initiiert, bei der wir vor dem Kirchentag die Themen des Kirchentags diskutieren.

Er leitet eine Podiumsdiskussion mit prominenten Politikern, er hat vorher immer etwas Sorge

Die größte Herausforderung ist, sicher zu sein, dass diejenigen prominenten Referenten, Gesine Schwan, Bundesarbeitsminister Olaf Scholz, auch wirklich da sind, auf die man so ‘ne Veranstaltung zugespitzt und ausgerichtet hat.

Und gerade auf die Politiker sind viele besonders gespannt. Ihre Gedanken kennt man ja aus Presse, Funk und Fernsehen. Da sind die Politiker oft routiniert, sind gut vorbereitet und wollen ein gutes Bild abgeben. Aber die Kirchentagsbesucher wollen sie anders erleben. Hiltrud Runkel ist Seit Jahrzehnten im Bankensektor tätig, sie hat ein gutes Gespür für Menschen und weiß, ob sie es aufrichtig meinen oder nur schauspielern .Sie hat etwas anderes gespürt als das, was man immer im Fernsehen präsentiert bekommt.

Ich war einmal dabei, da war die Frau Merkel in einem Podiumsgespräch dabei, und ich habs ihr richtig angemerkt, der Frau, und gespürt, dass sie das, was sie da sagte (...), aber dass sie das wirklich echt gemeint und ernst gemeint hat und nicht nur so, weil sie jetzt Politi-kerin ist einfach dem Volk gefallen möchte, also, das war ganz toll.

Auch Politiker hautnah persönlich erleben, vielleicht sogar ein paar Worte von Mensch zu Mensch mit ihnen sprechen, das reizt die Besucherinnen und Besucher.

Der Fernsehredakteur Uli Röhm genießt besonders die Vorbereitungszeit und stellt dabei im-mer wieder fest:

Selten kommt man in seinem normalen Berufsumfeld mit so vielen interessanten Menschen zusammen, die mitenander ein Programm entwickeln, sich darüber Gedanken machen, da kommen Ideen und Impulse, auf die wäre man alleine nie gekommen. Und beim Kirchentag selber hab ich den Eindruck ist des die einzige Veranstaltung in Deutschland im Moment, in dem völlig unterschiedliche politische, gesellschaftspolitische Positionen ausgetauscht werden können, wo man offen miteinander diskutieren und Argumente austauscht.

Teil 3
Gut vorbereitet nehmen über 100 000 Menschen - auch aus unserer Region in Rheinhessen- am Kirchentag teil. Sie feiern singen und beten und diskutieren. Anregungen bietet ihnen der so genannte „Markt der Möglichkeiten“ das ist eine riesige Halle, in der sich unterschiedlichste kirchliche Gruppen mit ihren Projekten vorstellen. Das geht von Entwicklungshilfegruppen über fairen Handel zu Friedensinitiativen, den Angeboten der Diakonie, der Johanniter und viele an-dere Gruppen.
Am kommenden Sonntag ist alles vorbei. Wenn sie dann sicher müde und voller Eindrücke wieder nach Hause kommen, was werden sie mitnehmen?

Dazu Uli Röhm:

Diejenigen Jugendlichen, die zu ‘nem Kirchentag fahren, stell ich regelmäßig fest, sind erstaunt, was man dort alles erleben kann, was man an Impulsen bekommt sowohl inhaltlich wie formal und ich glaube schon, dass, wer einmal an ‘nem Kirchentag war, wird dieses Um-setzen in seinem eigenen Bereich, Jugendarbeit, Kirchenarbeit anders betreiben, als er’s vor-her getan hat.

Heidi Runkel ist davon begeistert und entdeckt immer wieder auch für sich selbst eine ganz besondere Beziehung zu ihren Glauben und zu Jesus. Er lehrt ja, die Schöpfung zu bewahren, Frieden zu bringen statt Streit und Gerechtigkeit statt Gewalt und Unterdrückung. Sie sagt das ganz schlicht:

Ich kann einfach nur raten: Fahrt mal hin, Leute, guckts Euch an, es macht Spaß, da die Gemeinschaft zu erleben und vielleicht bekommt man auch ein anderes Bild zu Jesus. Für mich ist das Hauptmerk immer noch, aber das ist nicht nur auf dem Kirchentag so, sondern ich be-mühe mich täglich, dass ich meinen Blick auf Jesus nicht verliere oder meine Beziehung zu Jesus nicht verliere, es ist mir ganz wichtig!

So werden am Sonntag die vielen Menschen aus Osten und Westen, aus Süden und Norden wieder nach Hause kommen mit ihren Erlebnissen. Hiltrud Runkel hat da ihre Erfahrungen, die will sie auch auf das Leben in Partenheim in Rheinhessen übertragen:

Was ich immer so ganz toll finde, was mich auch immer wieder hinzieht auf den Kirchen-tag: Einfach dieses, diese Atmosphäre, dieses Zusammengehörigkeitsgefühl, diese vielen Menschen, die alle gleich gesinnt sind in der Straßenbahn, in der U-Bahn, überall wird gesun-gen,(bitte schneiden)... es ist so eine ganz große Gemeinschaft und da fühl ich mich eigentlich wohl dabei, das möchte ich so’ n bisschen übertragen hier in unsere Region, dass wir uns auch als eine Gemeinschaft fühlen.

So ist der Deutsche evangelische Kirchentag in Bremen ein Ereignis, das viele Vorbereitungen braucht, aber dann viele Impulse in die Gemeinden in der Region hineinträgt. „Mensch, wo bist Du“? Christ, wo bist Du? Wie sieht das aus, wenn ich mich als Christ in dieser Zeit mit so vielen Fragen auseinandersetzen muss und manchmal wenig Antworten habe? In der Gemein-schaft vieler gleich gesinnter Christenmenschen fällt es leichter, offene Fragen auch einmal stehen zu lassen und auszuhalten, Antworten aus dem Glauben heraus zu wagen und einfach Gemeinschaft zu erleben. Das belebt dann auch die Gemeinde zu Hause.

Nana Röhm schwärmt davon:

Ich finds schön, dann Teil einer großen Gemeinschaft zu sein.https://www.kirche-im-swr.de/?m=6040
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