SWR2 Wort zum Tag

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In diesen Tagen wird wieder über das Verhältnis zwischen Juden und Christen gesprochen. Gerade hier in Deutschland beobachten viele sehr aufmerksam die Nahostreise von Papst Benedikt. Diese Reise ins „heilige Land“ ist die bisher heikelste Reise Benedikts, sowohl unter politischer wie religiöser Perspektive – gleichermaßen überlastet mit Erwartungen und Befürchtungen, gerade was das ohnehin schwierige Verhältnis zwischen Israel und dem Vatikan angeht.
Insofern hat man auch in Israel in diesen Tagen besonders hingehört: Dass der Papst mehrfach betonte, Christen und Juden verbinde ein „undurchtrennbares Band“, dass sich Benedikt XVI. auffallend oft auf die gemeinsamen Wurzeln bezogen hat. Eigentlich keine Überraschung: So hat das Zweite Vatikanische Konzil das Verhältnis der Kirche zum jüdischen Volk ganz neu bestimmt und erklärt: aus theologischen Gründen sind Juden und Christen einzigartig miteinander verbunden, kann sich die Kirche selbst auch nur in dieser besonderen Beziehung zum jüdischen Volk verstehen.
Trotzdem haben Juden und Christen Jahrhunderte des Misstrauens und der Feindschaft hinter sich, trotzdem muss dieses besondere Verhältnis auch heute immer weiter durchdrungen, durchdacht und mit Leben gefüllt werden. Dies zeigt gerade eine recht heftige Diskussion unter deutschen Katholiken und Katholikinnen - zeitgleich zur Reise des Papstes. Es geht um die Frage, ob Christen Juden missionieren sollen, von ihnen ein Bekenntnis zu Christus erwarten dürfen.
Ein Gesprächskreis renommierter jüdischer und katholischer Theologen hat dazu aktuell Stellung bezogen und die Frage nach einer christlichen Judenmission mit einem entschiedenen: Nein beantwortet. In der Erklärung des Kreises heißt es: Gottes Bund hat Israel bereits das Heil erschlossen. Deshalb braucht die Kirche nicht um das Heil Israels besorgt zu sein, sie braucht die Juden nicht zum christlichen Glauben zu bekehren und muss sie nicht um ihres Heiles willen zur Taufe veranlassen. Wann, wie und ob sich Juden und Christen auf ihrem Weg zum „Reich Gottes“ begegnen, bleibt ein Geheimnis Gottes.

Nun ist dieses entschiedene Nein zur Judenmission selbst auf heftige Kritik gestoßen, von Seiten der deutschen Bischöfe und auch von andern. Nicht, weil hier irgendjemand zur Judenmission früherer Zeiten zurückkehren will. Die Frage war: Was bedeutet der Glaube, dass Jesus Christus der Erlöser aller Menschen ist? Und glauben wir Christen nicht fest daran, dass es nur einen Heilsweg für Juden und Christen geben kann? Die Frage nach der „Judenmission“ berührt den innersten Kern des christlichen Selbstverständnisses.
Deshalb finde ich es wichtig, über solche Fragen sorgfältig, fair und verantwortungsvoll zu diskutieren. Sich dabei aber vor allem zu erinnern an die durch Judenmission verursachte Leidensgeschichte, auch daran, wie sehr Christen die Juden verachtet und gering geschätzt haben.
https://www.kirche-im-swr.de/?m=5990
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