Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

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Es war ein historischer Moment, heute vor acht Jahren: Zum ersten Mal in der Geschichte betrat ein Papst eine Moschee. In Damaskus besuchte Johannes Paul II. am 6. Mai 2001 die Omayyaden-Moschee, zusammen mit dem syrischen Großmufti. Und es war wirklich ein ganz besonderes, ungewöhnliches Bild, das damals durch die Nachrichten ging. Ich kann mich gut erinnern, wie die beiden Geistlichen andächtig dort standen. Auch daran, wie danach darüber spekuliert wurde: Hatte der Papst jetzt in der Moschee gebetet? Darf er das, zum christlichen Gott beten in einem muslimischen Gotteshaus? Auch sonst hat der Besuch in der Moschee nicht nur Begeisterung hervorgerufen. Und in Deutschland gibt es bis heute nicht wenige, die beim Thema Moschee und Islam sozusagen „päpstli-cher sind als der Papst“: Allzu freundlich sollte man der fremden Religion dann doch nicht begegnen, meinen sie.
Papst Johannes Paul II. hat das anders gesehen. Benedikt XVI. tut es auch. Sie führen damit weiter, was in den 60er Jahren des letzten Jahrhunderts das große Zweite Vatika-nische Konzil verkündet hat. Gottes Heilswillen, so heißt es da, „umfasst auch die, welche den Schöpfer anerkennen, unter ihnen besonders die Muslim, die sich zum Glauben Ab-rahams bekennen und mit uns den einen Gott anbeten.“ (Lumen Gentium 16, vgl. KKK 841). Gemeinsamkeit und Dialog, das ist seitdem für die katholische Kirche das Wichtigs-te zwischen den Religionen, nicht mehr Streit und Geringschätzung. Auch gegenüber den Juden hat sich damals die Haltung grundlegend gewandelt: Das „gemeinsame geistliche Erbe“ wurde betont (Nostra aetate 4), alle Verfolgung und aller Antisemitismus verurteilt. Papst Benedikt XVI. wird das sicher wiederholen und bestärken, wenn er diese Woche nach Israel reist.
Dialog zwischen den Religionen, das heißt natürlich nicht: Wir glauben alle genau dassel-be und keiner darf den anderen kritisieren. Ganz im Gegenteil: Echter Dialog funktioniert nur, wenn die Partner echt und ehrlich miteinander umgehen. Aber Muslime, Juden und Christen haben dafür eben auch eine richtig starke Grundlage. Der letzte Papst hat das vor über zwanzig Jahren einmal so bekannt: „Wir glauben an denselben Gott, den einzi-gen, den lebendigen, den Gott, der die Welten schafft und seine Geschöpfe zur Vollendung führt.“

(Ansprache bei der Begegnung mit der muslimischen Jugend im Sportstadi-on in Casablanca, Marokko, am 20. August 1985; in Insegnamenti, VI II/2 [1985], S. 498; deutsch in DAS [1985], S. 959).
https://www.kirche-im-swr.de/?m=5923
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