SWR2 Wort zum Tag

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Nicht nur Schnupfen ist ansteckend, stand in der vorigen Woche im meiner Zeitung, Wohlbefinden ist es auch. Und Glück auch. Und das beste Mittel für ansteckendes Wohlbefinden sind gute Beziehungen zu anderen. Der Hirnforscher James Coan hat das beobachtet und in Versuchen bestätigt gefunden. „Bei Menschen in einer engen Beziehung heilen Wunden schneller, sie werden seltener krank, sind weniger anfällig für Depressionen und Ängste und leben sogar länger.“ So fasst er seine Ergebnisse zusammen (DIE ZEIT, Nr. 17, 16.4.09, S. 31).
Ich finde das eigentlich nicht erstaunlich. Dass Menschen soziale Wesen sind, von der Geburt bis ins hohe Alter aufeinander angewiesen – irgendwie kommt mir das ganz selbstverständlich vor. Und die Bibel sagt über den Menschen, ganz lapidar und gleich zu Anfang: „Es ist nicht gut, dass der Mensch allein ist.“ (Gen 2, 18)
Dahinter steckt die Erfahrung, dass jeder Mensch begrenzt ist. Niemand kann alles selber und niemand kann alles gleich gut. Ich zum Beispiel kann nicht singen. Wenn ich irgendwo ein Lied anstimmen soll, was in meinem Beruf manchmal vorkommt, dann muss ich immer erst jemanden suchen, der das kann, oder der Klavier spielt, damit man singen kann. Und wenn ich einen Topf oben aus dem Schrank brauche, dann muss ich meinen Sohn bitten. Der ist 20 Zentimeter größer als ich. Diese Alltagserfahrungen gelten eigentlich überall, glaube ich: Die Spezialisierung des Wissens und der Kenntnisse ist so weit voran geschritten, dass ein Team immer mehr kann und mehr weiß, als ein Einzelner. Fähigkeit zur Teamarbeit gilt als die wichtigste Schlüsselkompetenz, wenn sich jemand für eine neue Stelle bewirbt.
Es ist nicht gut, dass er Mensch allein ist. Aber manche Paare machen sich gegenseitig das Leben zur Hölle, sagen Sie jetzt vielleicht. Und wo Kollegen miteinander arbeiten oder Schüler zusammen lernen sollen, da werden Einzelne gemobbt, bis sie es nicht mehr aushalten können. Auch das ist wahr. Und es passiert vor allem da, wo die einen meinen, dass sie es besser wissen und besser können als die anderen. Und dass sie deshalb allein weiter kommen würden, als mit den anderen zusammen.
Manchmal denke ich das auch. Und dann bin ich froh, wenn mir die biblische Schöpfungsgeschichte wieder einfällt. Die schildert nämlich, wie da zuerst der Mensch ist, ganz allein. Und weil es nicht gut ist, allein zu sein, macht Gott aus der einen Seite dieses Menschen einen zweiten: Die Frau. Was übrig bleibt, ist der Mann. Seither gibt es die Menschen in doppelter Ausführung. Mann und Frau. Einer allein – das ist nicht gut. Und seither gilt: Gemeinsam sind sie besser, die Menschen. Einem allein fehlt immer irgendwas. Wie gut, dass wir uns zusammen tun können.
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