SWR3 Gedanken

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„Ohrenkuss“ – ein etwas eigenwilliger Name für ein Lifestyle-Magazin. Aber nicht nur der Name, sondern auch die Artikel im „Ohrenkuss“ sind etwas Besonderes: sehr emotional, ungewöhnlich witzig und feinfühlig geschrieben. Die Autoren: alles Menschen mit Down-Syndrom.
Seit gut 10 Jahren gibt es den „Ohrenkuss“, und er hat mittlerweile über 3000 Abonnenten. Das Heft erscheint zwei Mal im Jahr. Die Themenpalette ist bunt: Mode, Musik, Reisen, Liebe. Die Autoren schreiben entweder selbst oder sie diktieren. Die Texte werden nicht korrigiert. Das gehört zum Konzept vom „Ohrenkuss“. Manchmal kommen dann eben etwas krumme Sätze oder neue Wortschöpfungen heraus.
Zum Thema „Freundschaft“ hat Lars folgendes in den „Ohrenkuss“ diktiert: „Ist wichtig: Gern haben, drücken, trösten, umarmen, Herzenssachen sprechen. Auch Küsschen geben, oder? Gefühligkeit wichtig, immer und immer will nicht verlieren Sehnsucht nach Freundschaft.“
Katja de Braganca hatte die Idee zum „Ohrenkuss“. Mit Hilfe der Volkswagen-Stiftung und der Uni Bonn hat sie die Zeitschrift auf den Weg gebracht. Sie war von Anfang an fasziniert vom Schreib-Talent der Autoren. Sie sagt: „Menschen mit Down-Syndrom machen Beobachtungen, für die Menschen ohne Behinderung meist blind sind.“
Die beiden großen Kirchen in Deutschland haben diese Woche zur „Woche für das Leben“ ausgerufen. In Gottesdiensten, Ausstellungen und Vorträgen soll bewusst gemacht werden, dass Menschen mit Behinderung ein wichtiger Teil unserer Gesellschaft sind. Und dass sie uns bereichern können.
Ich finde, der „Ohrenkuss“ ist eine echte Bereicherung für unsere Medienlandschaft. In kaum einer anderen Zeitschrift sehe ich so offene, herzerfrischende und pointierte Aussagen wie zum Beispiel von Hermine: "Mode. Da fällt den Leuten immer was neues ein. Das soll man mitmachen. Das ist großer Quatsch. Der Lagerfeld das ist doch Karneval. Aber so dünn wäre ich gerne.“
https://www.kirche-im-swr.de/?m=5877
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