SWR2 Wort zum Tag

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Lassen Sie mich beginnen mit einem Osterlied, das Sie vielleicht in seinem Pathos ein wenig befremdet: „Christ der HERR ist auferstanden, leibverklärt in Herrlichkeit. Kündet laut in allen Landen Freiheit! Friede! Freudenzeit! Singt Triumph! Denn überwunden ist der Feind! Der HERR gebeut! Heiland aller Sünden Wunden bracht’ er die Erlösung heut’.“
Gedichtet hat diese Strophe Max Josef Metzger am Osterfest 1944 in einem Berliner Gefängnis. Wenige Tage später, am 17. April, wurde er hingerichtet. Übermorgen ist sein 65. Todestag. Im Angesicht des gewaltsamen Todes ist sein triumphales Osterlied nicht mehr missverständlich, sondern es wird zu einem überzeugenden Glaubensbekenntnis. „Singt trotzdem Alleluja“ schreibt er nach seiner Verurteilung zum Tod durch Roland Freisler, den Vorsitzenden des berüchtigten Volksgerichtshofs.
Was hat der 1887 im südbadischen Schopfheim geborene katholische Priester der Erzdiözese Freiburg verbrochen, dass er – so Freisler – „als alle Zeit ehrloser Volksverräter mit dem Tod bestraft“ werden musste, ja „ausgemerzt“ wie „eine Pestbeule“?
Die Schrecken des Ersten Weltkriegs hatten den jungen Feldgeistlichen zu einem kompromisslosen Pazifisten werden lassen. Ein geeintes Europa als „Haus des Friedens“, ja eine geeinte Völkerfamilie unter Jesus Christus – das war seine Vision. Deshalb nannte er sich nach dem Vorbild des Völkerapostels Paulus nur noch „Bruder Paulus“. Das ist das eine. Und das andere: Solange sich die Kirchen nicht versöhnen, gibt es keinen politischen Frieden und keine soziale Gerechtigkeit. Weil die Kirchen zerrissen sind, können sie nicht mit dem nötigen Gewicht gegen Aufrüstung und Krieg und für den Frieden eintreten, so schrieb er bereits 1932 an Papst Pius XI. Und 1939 – aus dem Gefängnis – forderte er Papst Pius XII. auf ein ökumenisches Konzil einzuberufen. Die nichtkatholischen Kirchen sollten darin einbezogen werden. „Christus hat nur eine Kirche gegründet“, dies hält er dem wütenden Richter Freisler und der Scheinreligion der Nationalsozialisten entgegen – aber er sagt es auch den christlichen Kirchen und Konfessionen, die sich so engstirnig voneinander abgrenzen. Er gründet eine „Una-Sancta-Bewegung“, Bewegung für die eine Kirche, und bereitete so das Zweite Vatikanische Konzil mit vor – auch wenn ihm sein eigener Bischof die Predigten in Sachen Ökumene am Schluss verboten hat.
Max Josef Metzger – Zeuge für das Leben mitten im Tod. Ein österlicher Mensch.

Carlo Schmid, Erinnerungen, Stuttgart 1979 (22008), 122.
https://www.kirche-im-swr.de/?m=5785
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