SWR2 Wort zum Tag

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Ostern geht mich an. „Ihr seid mit Christus auferweckt“, sagt der Apostel Paulus ( Kol 3,1). Also auch ich. Aber was bedeutet das? Könnte das heißen, dass es in der Tiefe meines Lebens ein Leben gibt, welches unendlich viel mehr ist, als einfach da zu sein? Könnte das heißen, dass in meinem Leben ein Sinn verborgen ist, der nicht im alltäglichen Funktionieren aufgeht? Der auch nicht dadurch in Frage gestellt wird, dass ich so und so oft versage, dass ich manchmal keinen Sinn erkennen kann, daß ich dem Gesetz der Vergänglichkeit nicht entrinnen kann?
Und dann sagt Paulus, wir sollen unseren Sinn nicht auf das Irdische, sondern auf das Himmlische richten. Aber wo soll ich denn leben und mich bewähren, wenn nicht hier – Tag für Tag, verstrickt in alles Mögliche und Unmögliche? Ich habe doch genug damit zu tun, mit Anstand und Vernunft in dieser Welt zu leben. Aber – Gegenfrage - ist das Hier und Jetzt alles? Ersticken und erlahmen wir nicht, wenn unser Horizont zu eng ist, wenn da nicht ein offener Himmel ist und uns ganz andere Dimensionen des Lebens ahnen lässt?
Max Horkheimer, ein Philosoph der so genannten Frankfurter Schule der 68-er Jahre, hat einmal auf seine Weise die Einsicht formuliert, dass wir ohne Gott letztlich keinen Grund haben, gegen unsere egoistischen Interessen zu handeln und zu leben. Ohne „Theologie“, so nennt es Horkheimer, gibt es keine zwingende Begründung dafür, „dass der Hass nicht schlechter ist als die Liebe.“ Warum soll ich nicht hassen, wenn es mir Spaß macht? Eine rein diesseitige Sichtweise, so Horkheimer, „findet keine die Menschen transzendierende Instanz, die zwischen Hilfsbereitschaft und Profitgier, Güte und Grausamkeit, Habgier und Selbsthingabe unterschiede. Auch die Logik bleibt stumm, sie erkennt der moralischen Gesinnung keinen Vorrang zu. Alle Versuche, die Moral anstatt durch den Hinblick auf ein Jenseits auf irdische Klugheit zu begründen ..., beruhen auf harmonistischen Illusionen. Alles, was mit Moral zusammenhängt“, so Horkheimer., „geht letzten Ende auf Theologie zurück ..." – geht also letztlich zurück auf die Erkenntnis, dass das Hier und Jetzt „nicht die absolute Wahrheit, das Letzte“ ist.
Ich weiß: dies ist nur ein Aspekt aus der Fülle dessen, was ein Leben im Bewusstsein des offenen Himmels bedeuten kann. Was dieses neue Leben mit dem auferstandenen Christus wirklich bedeutet, ist „verborgen in Gott“, sagt der Apostel Paulus (Kol 3,3) Aber wenn wir auch nur ein wenig davon ahnen, kann unser Leben doch offen und frei für ganz neue Horizonte werden.
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