Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

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200 Gramm Trost bitte, 1 Kilo Hoffnung, 3 Pfund Freundlichkeit... Wenn das doch ginge, liebe Hörerinnen und Hörer: Worte und Sätze so genau und angemessen abgeben zu können, wie die im Geschäft ihre Wurst, den Käse, und das Gemüse...Nie mehr überlegen müssen: Hab ich genug Trost, Kraft, Hilfe gegeben? Aber so einfach geht es ja eben nicht. Weil oft jemand nicht nur etwas Trost von uns haben möchte. Sondern oft auch gleich ganz erlöst werden will von seinem Kummer. Das kann man nicht mehr handlich abpacken, das ist eine Überforderung.
Überforderung erlebe ich auch noch an einer ganz anderen Ecke.
So informiert wie heute waren wir noch nie, so viel gleichzeitiges Wissen über das Geschehen in der Welt hatten wir noch nie. Aber all diese Informationen schreien nach sofortiger Rückantwort:
Stellungnahmen sollen umgehend abgegeben, Hilfsmaßnahmen sofort ergriffen werden und so weiter. Ich selber höre manchmal tagelang bewusst keine Nachrichten mehr, weil ich das Gefühl habe: Das macht mich nur verrückt. Manchmal genügt ein Besuch, ein Gespräch mit einem Menschen und ich bin für den Rest des Tages geschafft. Dann bleiben Kongo und Irak einfach weit weg.
Wenn sich die Anforderungen, die da tagtäglich auf mich zukommen, doch so handlich abpacken ließen wie im Geschäft: 200 Gramm Trost für heute, und morgen dann in Gottes Namen auch 1 Kilo Hoffnung, 3 Pfund Freundlichkeit.....
Ja, in Gottes Namen: Wenn ich das nicht nur so dahin sage, sondern ganz bewusst meine, dann könnte ich Luft holen, könnte ich das Wenige tun, wozu ich Kraft habe, ohne das andere verdrängen zu müssen.
Aber es würde mir etwas von dem Druck nehmen, allein und sofort allen Anforderungen gerecht zu werden. Denn da ist ja noch jemand mit im Spiel. Der Gott, an den ich glaube, und von dem die Bibel erzählt: Der will nichts von mir. Außer, dass ich ihn mit ins Spiel nehme. Ihm mein Herz öffne und ihn einbeziehe bei allen Anforderungen, die auf mich zukommen. Luft holen, Gott sagt mir: Ich bin auch noch da.
Dann kann es sogar gelingen: Zunächst einmal nur die 200 Gramm Trost auszuteilen, die ich habe. Und morgen dann, in Gottes Namen, den Rest.
https://www.kirche-im-swr.de/?m=569
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