Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

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Darf ich Sie einladen zu einer kleinen Zeitreise? Vielleicht finden wir da etwas Neues von Gott. Wir reisen an die Ruhr, nach Mühlheim. Da starb heute vor 240 Jahren Gerhard Tersteegen. Der Name sagt Ihnen vielleicht nichts, aber 13 Lieder von ihm stehen in unserem Evangelischen Gesangbuch. Eins heißt: „Gott ist gegenwärtig“. Da singt er: Gott ist, wie die „Luft, die alles füllet“. Wie „das Meer ohn' Grund und Ende“. Wie das „schönste Licht der Sonne“.

Ein Lied hat es spektakulär sogar bis in die Bundeswehr geschafft. Beim Kommando „Helm ab zum Gebet“ im großen Zapfenstreich spielt die Militärkapelle immer das Lied „Ich bete an die Macht der Liebe“. Und natürlich: viele Brautpaare haben das zu ihrem Lieblingslied gemacht.

Gerhard Tersteegens Biografie liest sich spannend. Er war das siebte von acht Kindern. Als er sechs Jahre alt war, starb sein Vater. Die fromme Familie verarmt. Aber der Junge lernt: fünf Sprachen. Wird Kaufmann. Nur kurz. Steigt aus, weil er entdeckt: Du brauchst Zeit,- Zeit zum Beten, jeden Tag zwei Stunden; das muss sein. Er schult um, wird Weber, Bandweber. Er teilt sich ein: 60 Wochenstunden am Webstuhl und zwei Stunden am Tag, oder auch: 14 Stunden pro Woche, Gespräch des Herzens mit Gott.
Ein Hungerleiderberuf und doch reich. Mit 27 Jahren kann er sagen: „Ich verschreibe mich dir, meinem einzigen Heiland. Ich entsage von Herzen allem Recht und aller Macht über mich selbst. Befehle du, herrsche und regiere du in mir!”
Der zarte Mann wird Wanderprediger am Niederrhein. Hunderte von Menschen wollen ihn hören. Er lebt bescheiden. Sein Haus nennt er eine „Pilgerhütte“. Oft bekommt er Besuch von Menschen, die Kummer haben. Er schreibt tausende von Briefen. Und: er schmiedet Verse, sie sind gesammelt in einem Büchlein, dem „geistlichen Blumengärtlein“.
Tersteegen ist ein Mystiker. Er findet: Gott ist gegenwärtig im Herzen des Menschen. Doch nicht nur dort steht der Mensch in Kontakt mit Gott, denn Gott ist allgegenwärtig. Alles, was der Gläubige tut, geschieht in ihm, Essen, Trinken, Danken, Loben, Leben. Aber wenn der Mensch einkehrt, sein Herz aufschließen lässt, dann kann er Gott erkennen und zu ihm beten.
Danke, dass Sie mich auf dieser kleinen Zeitreise zu einem evangelischen Liederdichter am Niederrhein begleitet haben.

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