Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

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„Nicht wir haben Christus zu den Menschen zu bringen, sondern ihm dorthin zu folgen, wo er immer schon ist- bei den Menschen. Am Ort ihrer Arbeit, ihrer Leiden und Kämpfe.“
Vor wenigen Tagen starb in Mainz, 98 jährig, ein besonderer Mann. Zementpfarrer nannten sie ihn, ein Pfarrer mit schmutzigen Händen, Arbeiter in einer Zementfabrik. Horst Symanoswki, wir sollten ihn nicht vergessen. Und das war sein Leitspruch:
„Nicht wir haben Christus zu den Menschen zu bringen, sondern ihm dorthin zu folgen, wo er immer schon ist- bei den Menschen am Ort ihrer Arbeit, ihrer Leiden und Kämpfe.“
Er war Ostpreuße. Kantig, eckig, dreimal eingesperrt von der Gestapo, hat Juden versteckt, ein Mann der Bekennenden Kirche, im Zweiten Weltkrieg schwer verwundet.
Als ganz junger Mensch bin ich ihm begegnet. Damals kam er zu uns an die Uni und hat geworben für sein Industrieprojekt. Er suchte junge Menschen, die mit ihm in der Baracke leben und sich in der Zementfabrik die Hände schmutzig machen. Er wollte mit ihnen zu Jesus gehen in der Fabrik. Ich hab’ ihn nicht verstanden, damals.

Einmal bin ich dem Zementpfarrer noch begegnet. In Mainz hab’ ich ihn besucht. Aus seinem Fenster zeigte er mit dem Finger auf die Christuskirche und den Dom und fragte mich: Wo ist Christus?
Die Antwort auf diese Frage hat er 1945 entdeckt, als in jenem schrecklichen Winter Millionen von Menschen auf der Flucht waren „Christus ist da bei den Menschen, in den täglichen Kämpfen, Konflikten und Leiden“. Hat er gesagt.
Wir Menschen sind dem Leiden nicht ausgeliefert, weil er bei uns ist, im Kreuz, das wir tragen müssen.

In Mainz baute sich Horst Symanowski bei der Gossner Mission eine neue Existenz auf. Industriearbeit der Kirche. Ein Experiment nach dem Vorbild der französischen Arbeiterpriester. Hunderte von jungen Pfarrern aus ganz Deutschland lernten bei ihm. Er öffnete ihnen die Augen und zeigte ihnen, wo Christus bei den Arbeitern ist in ihren täglichen Kämpfen, Konflikten und Leiden. Übrigens: die Juden haben ihn verstanden: 2003 nahmen sie ihn und seine Frau auf in den Kreis der „Gerechten unter den Völkern“.
https://www.kirche-im-swr.de/?m=5682
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