Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

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Manieren sind wieder voll im Kommen. Gutes Benehmen ist gefragt. Ob bei der Knigge- Akademie oder der Etiketteschule überall kann man Benimmkurse buchen. Die Branche boomt. Viele Menschen wollen wissen, wie man sich richtig verhält. Sie wollen Regeln lernen, damit sie im Umgang mit anderen, keine Fehler machen. Der deutsche Caritasverband greift in seinem Jahresthema diesen Trend zu mehr Manieren auf. Es lautet: „Soziale Manieren“. Erstmal habe ich gestutzt. Soziale Manieren, das war mir nicht geläufig. Worum es geht? Bei den Benimmregeln geht es um mich. Es geht darum, dass ich mich nicht bloßstelle, weil ich zum Beispiel nicht weiß, wie man eine Auster isst. Bei sozialen Manieren geht es aber um den andern. Es geht darum, dass ich den andern nicht bloß stelle. Das geschieht leider sehr oft in unserer Gesellschaft. Zwei Beispiele: Da kommt ein Hartz-IV Empfänger mit einem Gutschein an die Supermarktkasse und die Kassiererin ruft laut durch den Laden: „Darf ich den Hartz-IV-Gutschein annehmen?“ Da geht ein Jungpolitiker hin und bezeichnet die geplante Erhöhung des Kinderregelsatzes für Hartz-IV-Empfänger als einen Anschub für die Tabak- und Spirituosenindustrie. Nach dem Motto: Hartz-IV-Empfänger kaufen vor allem Alkoholisches. Unbedacht oder mit Berechnung: Hier werden Menschen bloß gestellt. Beherrsche ich Benimmregeln kann ich mich sicher in der so genannten feinen Gesellschaft bewegen, zeige ich aber soziale Manieren, bin ich sensibel für die Probleme der Menschen, die am Rande stehen. Soziale Manieren kann man nicht in Kursen lernen, sie kommen aus einer Haltung heraus. Der Haltung des Respekts vor jedem Menschen. Ideal ist es natürlich, wenn soziale Manieren und gutes Benehmen zusammenkommen. Und dafür gibt es das alte deutsche Wort: Höflichkeit. Und durch Höflichkeit kann man bekanntlich nichts verlieren, außer den Sitzplatz im Bus.
https://www.kirche-im-swr.de/?m=5660
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