Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

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„Haben oder Sein“ so heißt eines seiner wichtigsten Bücher. Erich Fromm, heute vor 109 Jahren wurde er geboren. Er war einer der ersten großen Kritiker der Konsumgesellschaft. Seine These: Die Konsumgesellschaft macht die Menschen einsam. Sie redet ihnen ein: Glück gibt’s nur, wenn ich etwas konsumiere, besitze, habe. Oft aber geschieht genau das Umgekehrte. Wenn ich mein Glück von meinem Besitz, meinem Einkommen, meinem Konsum abhängig mache, komme ich schnell in eine teuflische Spirale. Das Auto muss immer größer, die Reise immer weiter und der Wein immer exklusiver werden. Sich mit weniger zufrieden zu geben, wäre ein Rückschritt. Der Absturz ins Unglück. Die Werbung spielt in der Konsumgesellschaft eine wichtige Rolle, denn sie verspricht mir das Glück über den Konsum. Sie malt es mir aus mit wunderschönen Landschaften und attraktiven Frauen auf Hochglanzpapier.
Fromms Diagnose trifft auch heute noch zu. Ich merke das an mir selbst. Sicherlich, das System habe ich lange durchschaut. Das heißt aber nicht, dass ich gegen diese unterschwellige Botschaft immun bin. Die unterschwellige Botschaft, heißt: „Wenn ich was habe, bin ich auch wer.“ In der Konsumgesellschaft wird der Wert eines Menschen darüber bestimmt, was er sich leisten kann. Ich bin aber der Überzeugung: Der Mensch hat gar keinen Wert, der sich messen lässt, weder in Geld, noch in Ansehen, noch in Intelligenz. Der Mensch hat überhaupt keinen Wert, der Mensch hat Würde. Und die kommt jedem zu, unabhängig von seinem Bankkonto, seiner Bildung oder Schönheit.
Jeder Mensch ist ein Ebenbild Gottes, heißt es in der Bibel. In der christlich-jüdischen Tradition ist das der tiefste Grund für die Würde des Menschen. Sie kann ihm nicht genommen werden, weder durch Arbeitslosigkeit, noch durch Pleite oder ein verloren gegangenes Bankkonto. Der Mensch ist wer, egal was er hat.
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