Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

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Wir waren vor kurzem im Allgäu, das Schloss Neuschwanstein besichtigten. Kennen Sie das? Tolle Immobilie. Wunderschön am Berg gelegen. Sagenhafte Aussicht von dort: Forggensee, Schwansee. König Ludwig von Bayern hatte sich hier ein Traumschloss bauen lassen. Romantisch und traumhaft in die Landschaft gepflanzt.

Einer seiner vielen Träume, die nicht fertig gestellt wurden. Denn ihm ging schlicht das Geld aus. Nur 16 Zimmer wurden fertig. Für den Rest reichte es nicht. Dabei hatte er noch viel Größeres vor: Schloss Falkenstein, eine Semper-Oper in München. Zum Schluss jammerte und fluchte er: Lieber wolle er nicht mehr leben, als dass er ein König ohne Geld, ohne Traumschlösser und ohne Macht sei! Und so kam es dann: Eines Tages fand man ihn am See: Tot. Von seinen Ärzten zuvor für wahnsinnig erklärt, entrückt von aller Realität.

„Woher hatte er eigentlich das ganze Geld?“ fragt mich meine Tochter. „Gute Frage“, sage ich. „Er hat es vom Volk genommen, durch hohe Steuern und auch durch Kriege.
„Dann hat er das Geld also gar nicht selber verdient!“, grummelt sie ärgerlich. „Stimmt“, sage ich. „Verdienen kann man so viel Geld wohl gar nicht, manche bekommen es einfach, das ist ein Unterschied.“

„Zufrieden war er aber nicht mit dem, was er geschenkt bekam“, spöttelt unsere zweite Tochter, „wenn er deswegen nicht mehr leben wollte. Komischer König! Steinreich und unzufrieden! Papa, sind wir eigentlich reich?“

„Hey“, sage ich, „wir sind hier gerade im Urlaub und haben eine Ferienwohnung gemietet. Die ist hell, warm und bezahlbar. Ich fühle mich reich beschenkt.
Außerdem steht in der Bibel: „Wer Geld liebt, wird daran niemals satt und wer Reichtum liebt, wird schnell einsam und wird keinen Nutzen davon haben.“
„Wir haben gerade gut gegessen. Haben miteinander gelacht. Ich finde, es geht uns ganz gut! Auch ohne 16 Zimmer und leider, leider auch ohne Dienstboten: Übrigens: heute seid ihr dran mit Geschirr abwaschen.“

Die beiden schauen mit sanftem Blick auf das Schloss in der Ferne.
„Traumhaft schöner Anblick“, sagt die Ältere.
„Leider sind wir nicht steinreich, murmelt die Jüngere, aber dafür zufrieden“
Dann tippt sie ihrer großen Schwester auf die Schulter und sagt:
„Los, komm, lass uns Geschirr abwaschen.“ https://www.kirche-im-swr.de/?m=5632
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