SWR3 Gedanken

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Schmidt und Pocher – die Late-Night-Show im Ersten ist nicht gerade ein Erfolgsmodell. Im April soll die letzte Sendung laufen. Aber ich bin nun mal ein Harald Schmidt Fan. Er bringt mich oft zum Lachen und manchmal auch zum Nachdenken.
Eine der letzten Shows hat Harald Schmidt mit dem Rücken zum Publikum begonnen. Eine ganze Weile stand er so da und hat seine Gags gegen die Rückwand des Studios geplaudert. Ein Seitenhieb auf Papst Benedikt, der die alte Form der katholischen Liturgie von 1962 teilweise wieder erlaubt hat. Bis damals war es üblich, dass der Priester der Gemeinde den Rücken zukehrt. Die Idee dahinter: Priester und Gemeinde richten sich gemeinsam auf Gott aus.
Ich bin erst 1968 geboren und habe deshalb die alte Form der Messfeier nie miterlebt. Aber als mir Harald Schmidt im Fernsehen den Rücken zugewendet und gegen die Wand moderiert hat, da habe ich mich ziemlich ausgeschlossen gefühlt. Und mir ist klar geworden, warum die Kirche ihre Liturgie 1965 reformiert hat. Sie hat ganz bewusst entschieden: wichtiger als sich gemeinsam auf Gott auszurichten ist es, dass wir im Gottesdienst die Gemeinschaft der Feiernden zum Ausdruck bringen. Wenn der Priester sich der Gemeinde zuwendet, dann werde ich mit ins Geschehen hinein genommen. Und ich werde zu jemandem, der mitfeiern kann.
Ich denke, es gehört wohl beides dazu wenn ich Gott verehren will: der gemeinsame Blick auf ihn und die Verbundenheit untereinander. Neue Kirchenbauten lösen diesen scheinbaren Wiederspruch ganz einfach: Die Gläubigen sitzen rechts und links in einer Art Ellipse und schauen sich gegenseitig an. In der Mitte der Ellipse, jeweils etwas nach außen gerückt, stehen Altar und Lesepult.
So muss ich mich nicht entscheiden zwischen Rücken und Bauch, zwischen 1962 und 2009, sondern ich habe beides: Gemeinschaft untereinander und die gemeinsame Ausrichtung auf das Wesentliche.
https://www.kirche-im-swr.de/?m=5604
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