Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

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Heute Morgen gehen sicher viele Kinder mit Angst aus dem Haus. Und viele Eltern gucken Ihnen bangen Herzens hinterher. Ich auch. Das war gestern noch anders. Unbesorgt habe ich morgens die Kinder zur Schule gebracht. Und ich habe Ihnen zum Abschied zugerufen: Bis heute Nachmittag. Aber seit gestern habe ich auch Angst. Denn das Undenkbare ist passiert. 17 Menschen sind tot. Schülerinnen und Schüler, Lehrerinnen, Fußgänger auf der Straße. Scheinbar wahllos erschossen. Hingerichtet. Nachmittags kamen sie alle nicht mehr nach Hause. Und sie werden nie wieder kommen. 16 Menschen, die gestern Morgen, vielleicht fröhlich, vielleicht still, vielleicht traurig oder auch verliebt aus dem Haus gegangen sind, sich von ihren Eltern, ihrer Familie verabschiedet haben. Und niemand wusste, dass das der letzte Abschied war. 16 Menschen, die noch mit Freunden und Freundinnen gequatscht, telefoniert, Witze gemacht haben, sie sind plötzlich tot.
Es sind Menschen, die ich nicht gekannt habe – aber Menschen, um die ich trotzdem trauere. Weil sie nicht mehr nach Hause kommen werden. Und ich denke an die vielen Menschen, die sie zurücklassen: ihre Eltern, ihre Familie, ihre Freunde, Angehörige, alle, die sie kannten. Ich weiß, ich kann mich nicht in sie hineinversetzen. Und ich mag mir auch gar nicht vorstellen, noch nicht einmal einen Augenblick, es wäre jemand von mir gewesen. Ich kann höchstens ansatzweise erahnen, was jetzt die Angehörigen und Freunde der Opfer in Winnenden durchmachen. Ich will mir nicht anmaßen, ihre Trauer zu verstehen. Und ich will ihnen keinen billigen Trost spenden.
Aber ich erlebe immer wieder, wenn ich selbst traurig bin: Es hilft mir, wenn andere an mich denken, mich berühren, da sind. Egal ob ich sie kenne, oder ob es Fremde sind. Und ich glaube, das gilt für alle Menschen.
Heute Morgen habe ich nicht nur Angst, heute morgen denke ich auch an die Menschen in Winnenden, an die Eltern, die Verwandten, die Freunde der Opfer des grässlichen Amoklaufs. Und ich bitte Gott, dass er bei ihnen ist, sie tröstet – und ihnen viele Menschen schickt, die ihnen beistehen. https://www.kirche-im-swr.de/?m=5589
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