SWR2 Wort zum Tag

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Sie war als die tragischste Hochzeit des Jahres angekündigt. Letzten Sonntag heiratete die Britin Jade Goddy. Eigentlich nichts Spektakuläres. Wenn nicht die Geschichte dahinter wäre. Denn die 27-Jährige hat nur noch wenige Monate zu leben. Im vergangenen August stellten die Ärzte bei Jade Goody Gebärmutterhalskrebs fest. Im fortgeschrittenen Stadium. Jade Goody wird bald sterben. Doch vorher hat sie noch geheiratet, hat die Fotos von der Hochzeit und die Rechte für einen TV-Film meistbietend verkauft. Das Geld soll ihren beiden Kindern eine gute Erziehung und Ausbildung ermöglichen.
Zuerst hat mich das erschreckt. Dieses öffentliche, inszenierte Heiraten und Sterben. Dass das gesamte Leben vor die Kamera gezerrt wird und das viele Menschen das auch sehen wollen. So, als würde nur das Leben wertvoll sein, dass in aller Öffentlichkeit gelebt wird.
Aber ich habe auch gelesen, dass Jade Goody schon seit Jahren im Fokus der Öffentlichkeit steht. 2002 gewann sie die britische Big-Brother-Sendung. Eine Sendung, bei der die Teilnehmer unter ständiger Kamerabeobachtung stehen. Und 2008 zog sie als Gast ins indische Big-Brother-Haus ein. Zwei Tage später konnten die Zuschauer dann live miterleben, wie Ärzte ihr die Diagnose »Krebs« mitteilten. Seitdem trägt Goody ihre Krankheit und ihr Sterben in die Öffentlichkeit. Für Goody kein Problem. Sie sagt: „Ich habe mein ganzes Erwachsenen-Leben davon gelebt, über mein Leben zu reden. Nun rede ich halt über meinen Tod.“
Mich hat dieser Satz an das Altwerden und Sterben von Papst Johannes Paul II. erinnert. Der ja auch sein Sterben nicht tabuisiert, sondern in die Öffentlichkeit gebracht hat. Und ich finde, es ist eine der Stärken gerade des Christentums gewesen, dass der Tod eben nicht verdrängt wird, sondern Teil des Lebens ist. Zum Leben gehört. Und doch ist mir unwohl beim öffentlichen Sterben von Jade Goody. Weil hier der Tod zur Ware wird. Er ist Teil der Fernsehindustrie – ihm geht’s in erster Linie um Geld. Jade Goodys öffentliches Sterben ist deshalb problematisch. Weil es das Sterben inszeniert, wie in einem Film – um Kasse zu machen. Aber ich glaube nicht, dass mir das hilft. Hilft, mein eigenes Sterben zu bewältigen. Mir nichts über meine eigene Sterblichkeit erzählt. Ein Sterben bleibt, dass mit mir nichts zu tun hat. Ich würde mir mehr wünschen: Dass eben nicht das Geld im Vordergrund steht, sondern die Frage: Wie lässt sich das Leben bewältigen, von dem ich weiß, dass es einmal zu Ende geht?
https://www.kirche-im-swr.de/?m=5532
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