Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

Rosenmontag – da wackelt der Dom. In Mainz. In ein/zwei Stunden wird die Stadt voll sein mit hunderttausenden von Fassenachtern, die zum Rosenmontagszug kommen. Und mitten in dem Brodeln und Schreien und Schunkeln steht der Dom, der schon viele Rosenmontagszüge gesehen hat, und ganz andere Umzüge und Aufzüge – da steht er und schaut auf die Stadt, und das seit tausend Jahren.
Ausgerechnet heute – am höchsten Feiertag vieler Fassenachter – ist auch der Gedenktag und Todestag des Heiligen Erzbischof Willigis. Da treffen sich zwei ganz wichtige Ereignisse. Denn der Heilige Willigis bedeutet viel für Mainz. Er hat den Dom geplant und bauen lassen, und die Stephanskirche – ja genau die mit den wunderbaren Chagall-Fenstern. Willigis wollte einen Dom, der so groß ist, dass alle Einwohner der Stadt Mainz damals hineingepasst haben. Der Dom sollte Staatsdom des Heiligen Römischen Reiches sein, die größte Kirche nördlich der Alpen in der damaligen Zeit, groß genug für Königskrönungen. Vor genau tausend Jahren wurde der Dom fertig.
Der Mainzer Dom und Erzbischof Willigis: das ist eine starke Verbindung. Willigis war ein sehr mächtiger Bischof, der zweite Mann nach dem Papst, und so baute er auch . Den Dom ließ er einfach in sumpfiges Gebiet setzen, nach dem Motto: Was ich will, das muss auch klappen. Und am sumpfigen Rheinufer fand er in Mainz genug Platz für seine gewaltige Domkirche. Für die Architekten und Bauherren wurde es eine unglaublich mühsame Aufgabe, mit ihren damaligen Mitteln einen festen Untergrund für das Fundament dieses riesigen Baus herzustellen. Aber die Konstruktion dieses Untergrunds ist ihnen hervorragend gelungen – sie hat fast 1000 Jahre lang gehalten. Kirchenpolitisch war Willigis ebenfalls sehr geschickt. Unter seiner Regentschaft wurde das Erzbistum Mainz reich und gewann viel Einfluss auf die Politik, für einige Jahre wurde er auch Regent des Deutschen Reichs.
Mit der Fassenacht hat Willigis nichts zu tun. Die kam erst später über Mainz.
Aber dass heute diese beiden großen Ereignisse zusammenfallen: der Gedenktag des Willigis im 1000. Jahr des Mainzer Doms, und der Rosenmontagszug –
das habe ich schmunzelnd wahrgenommen. Und ich finde: es passt ganz gut, wie zwei Seiten einer Medaille. Fassenacht und Glaube, schunkelnde Ausgelassenheit und das Wissen um das eigene Können und Wollen, gehören zusammen, . Und wenn heute der Dom mitten im Fassenachtstreiben steht, dann kommt das ganz gut zum Ausdruck. https://www.kirche-im-swr.de/?m=5516
weiterlesen...