SWR2 Wort zum Tag

SWR2 Wort zum Tag

Jetzt sollen Sie´s noch mal richtig krachen lassen. Heute ist Schmutziger oder besser Schmotziger Donnerstag. Im Schwäbisch-Alemannischen beginnt mit diesem Tag die eigentliche Fasnachtszeit. In den Narrenhochburgen finden Umzüge statt, feiert man Straßenfastnacht. Vielerorts gibt es dazu ziemlich fettiges Gebäck. Deshalb heißt auch der Schmutzige oder Schmotzige Donnerstag so: nach dem Alemannischen „Schmotz“, was so viel bedeutet wie Fett oder Schmalz.
Ab Mittwoch wird dann gefastet! Wobei ich mich frage, wie der Appell zum Fasten in diesem Jahr wohl gehört werden wird - in der gegenwärtigen Finanz- und Wirtschaftskrise. Über unserem Land liegt doch sowieso schon bleischwer eine Stimmung, die ziemlich fastenzeitlich anmutet: Zerknirschung nach allzu viel Überschwang.
Politik, Industrie und Handel plagen heftige Sorgen: Die Angst vor dramatischer Kaufzurückhaltung, neuerlicher Sparwut. Entsprechend werden wir zu kräftigem Konsum ermutigt, das erhält Arbeitsplätze. Am Besten, wir bringen nicht nur unsere alten Autos zum Schrott ... Konsum sollte in der Wirtschaftskrise erste Bürgerpflicht sein.
Und jetzt stattdessen fasten? Müssen die Kirchen wirklich noch zu Konsumverzicht mahnen?
Ich sehe für die kirchliche Fastenbotschaft gerade in diesen Tagen eine besondere Chance – wo die einen ängstlich sparen, den Konsum verweigern, und andere mehr Konsum fordern.
Fasten liegt dabei weiterhin voll im gesellschaftlichen Trend – Fastenratgeber und Fastenkurse boomen. Medizin und Psychologie preisen nach wie vor die therapeutische Kraft des Fastens. Es ist gesund, ein paar Wochen auf Alkohol, Schokolade oder Fernsehen zu verzichten.
Nur mit Fasten im christlichen Sinne hat solcher Verzicht nicht unbedingt zu tun – ebensowenig wie ängstliches Sparen.
Wer im christlichen Sinn fastet, stellt sich der Frage des richtigen und guten Lebens, sucht nach dem, was Leben allererst ausmacht. Ich möchte sehen, wo ich abhängig bin, und mich befreien. Fasten zielt auf Freiheit. Wer fastet, ist aufmerksam und offen, hat keine Angst vor Verlust und Veränderung.
Im Fasten so den eigenen Lebensstil zu prüfen, geht aber nicht, ohne auch die Kosten dieses Lebensstils in den Blick zu nehmen - die eigenen wie die fremden. Das christliche Fasten hat daher stets auch eine solidarische Dimension. Es geht nicht um individuelle Glückseligkeit.
„Anders leben, damit andere leben können!“ Das war das Leitwort einer früheren Fastenaktion der katholischen Kirche. Für mich hat es diesen Zusammenhang auf eine unübertroffen einfache Formel gebracht.
Und so passt der Appell zum Fasten bestens in diese Zeit: wo doch viele ins Grübeln gekommen sind über unsere Wirtschafts- und Lebensweise. Es waren ja nicht nur ein paar skrupellose, gierige Banker, die sich verspekulierten, die Maß und Ziel verloren haben. Vielleicht bietet die Fastenzeit ja eine Chance, das rechte Maß und Ziel wieder in den Blick zu bekommen..
Aber wer möchte, kann es heute und in den nächste Tagen erstmal noch richtig krachen lassen. https://www.kirche-im-swr.de/?m=5502
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