SWR3 Gedanken

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„Ich bin von Gott gewollt“ – eine ältere Dame hat das mal zu mir gesagt: Ich bin von Gott gewollt. Dieser Satz lässt mich nicht mehr los.

Als Pfarrerin macht man oft Hausbesuche.
Und bei einem dieser Besuche hat mir diese ältere Dame ihre Geschichte erzählt:

Ich muss acht Jahre alt gewesen sein. Meine große Schwester hatte sich mal wieder über mich geärgert oder wollte mir einfach ihre Überlegenheit zeigen. Jedenfalls machte sie mich nach Kräften klein, dumm und hässlich und krönte das Ganze mit dem Satz: „Du solltest ja überhaupt nicht geboren werden, du warst nur ein Missgeschick und die Ärzte haben unsere Mutti gewarnt, du würdest tot oder zumindest blöde geboren werden!“
Ich war wütend, geschockt und verunsichert. Meine Eltern liebten mich doch?
Ich ging zu meiner Mutter und erzählte ihr alles. Und sie tat etwas sehr Kluges: Sie sagte mir die Wahrheit. Ja, ich war ein ungewünschtes Kind, meine Eltern waren eigentlich zu alt, hatten Schulden, meine Mutter war nicht ganz gesund. Und dazu das schreckliche Urteil der Ärzte, das mit der Geburt ein gewisses Risiko verbunden sei! „Kannst du dir vorstellen, wie wir uns gefreut haben, als du gesund und quicklebendig in meinen Armen lagst? Du musstest einfach geboren werden!“
Als ich wieder allein in meinem Zimmer war, erfüllte mich eine triumphierende Freude.
„Ihr habt mich nicht geplant und gewollt – aber Gott hat mich gewollt!“
Gott hat mich gewollt. Diese Überzeugung hat mich bis heute nicht mehr verlassen. Ob ich Gott nah oder fern bin; in guten Zeiten oder in Verzweiflung nicht wusste, wie es wei-tergeht - an der Tatsache, dass Gott mich wollte, habe ich nie gezweifelt.
https://www.kirche-im-swr.de/?m=5472
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