SWR2 Wort zum Tag

SWR2 Wort zum Tag

Mehre uns den Glauben. Darum hatten die Jünger eines Tages Jesus gebeten. Sie hatten offenbar den Eindruck, dass ihrem Glauben etwas fehlt. Wer könnte sie darin nicht verstehen! Wer glaubt, kennt auch den Zweifel. Der kann überhand nehmen. Schnell kann das Vertrauen gestört oder zerstört werden - durch Krisen im Leben, durch Leid oder auch durch Versagen. Es ist wie bei dem Vertrauen zwischen Menschen: Wenn Menschen einander nicht mehr verstehen, schwindet das Vertrauen. So kann es auch sein, wenn man Gott nicht mehr versteht, wenn sich die Verbindung zu ihm lockert und man nicht mehr auf ihn hören und nicht mehr beten kann. - Die Jünger wussten offenbar etwas von den Gefährdungen des Vertrauens und haben darum gebeten: Mehre unseren Glauben! Wollten sie also einen großen Glauben, um diesen Gefährdungen zu entrinnen?

Jesu Antwort auf ihre Bitte muss die Jünger überraschen: Wenn ihr Glauben hättet so groß wie ein Senfkorn …. So beginnt seine Antwort. Man braucht also keinen großen Glauben. Ein kleiner Glaube genügt. Er macht alles möglich, was für uns Menschen wichtig ist. Der kleine Glaube nimmt nicht die Zweifel; er hält den Glaubenden auch nicht die Gefährdungen vom Leibe. Sie gehören zum Leben – und eben auch zum Glauben. Aber der Senfkornglaube findet immer wieder zum Vertrauen, das den Gefährdungen standhält, weil es sich an den klammert, der schenken kann, was dem Glauben fehlt.

Wie das aussieht, kann man an dem Vater erkennen, der Jesus für seinen epileptischen Sohn bittet. Eine lange Leidensgeschichte liegt hinter ihm. Von Kindheit an wurde sein Sohn bei seinen Anfällen wie von einer fremden Macht geschüttelt und zu Boden geworfen. Und der Vater musste ohnmächtig zusehen. Jetzt kommt der Vater zu Jesus – und kann seine Zweifel, ob Hilfe möglich ist, nicht unterdrücken: Wenn du etwas kannst, dann erbarme dich und hilf! Jesus kehrt aber dieses Wenn du etwas kannst um und fordert Glauben: Alle Dinge sind möglich dem, der glaubt. Der Vater weiß: Menschen sind nicht alle Dinge möglich. Er kennt seine Ohnmacht. Und er ahnt, dass sich der Glaube an den hängen muss, dem alle Dinge möglich sind. Er schreit: Ich glaube und sagt damit mehr, als er an sich erkennen kann. Er verlässt sich und seine in der Erfahrung gründenden Zweifel. Er kann es, weil er zugleich bittet: Hilf meinem Unglauben. Er verlässt sich also, um sich auf Jesus zu verlassen, auf seine Möglichkeiten. – Ich denke: Anders können wir nicht glauben als so? Was dem Glauben fehlt, ist also die immer neue Bitte, die sich an Gott hängt - und von ihm auch die Kraft zum Vertrauen erwartet.
https://www.kirche-im-swr.de/?m=5328
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