SWR2 Wort zum Tag

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„Wenn einer alleine träumt, ist es nur ein Traum. Wenn viele gemeinsam träumen, so ist das der Beginn einer neuen Wirklichkeit.“ Dieser Ausspruch stammt von Helder Camara, einem Bischof aus Brasilien. Vor zehn Jahren ist er gestorben, morgen wäre er hundert geworden. Er war fromm, ein sehr spiritueller Mensch, der viel von der Ewigkeit geredet hat. Aber diese Ewigkeit meinte er immer wieder in dieser Welt zu spüren, das war für ihn der Beginn der neuen Wirklichkeit. Für diese Wirklichkeit setzt er sich mit viel Tatkraft und Organisationstalent ein. Er hilft Arbeiterinnen, sich zu organisieren, gründet Kampagnen für Bewohner von Elendsvierteln, richtet eine Bank ein und engagiert sich für eine groß angelegte Volksbildungsbewegung. Nach der Ermordung seines Sekretärs prangert er mutig Folter und Unterdrückung durch die brasilianische Militärdiktatur an und bekommt dafür ein öffentliches Redeverbot. Man nennt ihn den „roten Bischof“ und wirft ihm immer wieder vor, Sozialist zu sein. Seine Antwort darauf: „Mein Sozialismus heißt Gerechtigkeit.“
Leider wurde auch in der Kirche viel zu wenig gesehen, dass tiefe Frömmigkeit und großes Engagement für Arme und Unterdrückte zusammen gehören. Gott begegnet uns nicht nur im rein kirchlichen Zusammenhang, in der Feier der Eucharistie, er begegnet uns auch in jedem armen Menschen. Meine Hoffnung auf ein ewiges, gutes Leben bei Gott darf mich nicht einfach vertrösten. Diese Hoffnung drängt mich, schon hier und heute aktiv für ein gutes Leben einzutreten und – wie Helder Camara es einmal ausgedrückt hat – „wie eine schlichte Wasserlache den Himmel zu spiegeln“.
Er stellt sich vor, dass Jesus in seinen Seligpreisungen auch gesagt haben könnte: „Selig, die träumen. Sie werden viele zur Hoffnung bewegen und süße Gefahr laufen, eines Tages ihre Träume verwirklicht zu sehen.“ Manche, heute immer noch aktuellen, Träume möchte Camara ständig wiederholen, damit alle sie träumen und sie bald Wirklichkeit werden. Er fordert uns auf: „Träumen wir davon, dass alle Kriege ein Ende finden! Eines Tages wird der gesunde Verstand siegen, und der Mensch wird aufhören, (...) das Leben auf der Erde total zu zerstören. Träumen wir von einer gerechteren und menschlicheren Welt, in der es weder Besiegte noch Sieger, weder Unterdrückte noch Unterdrücker gibt. Geist Gottes, schenk allen Menschen Träume. Aber keine trügerischen (...) Träume. Schenk Ihnen schöne Träume, Träume, die morgen Wirklichkeit werden!“

https://www.kirche-im-swr.de/?m=5308
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