SWR3 Gedanken

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Einer meiner Favoriten für das Wort des Jahres 2008 ist sicherlich das Wörtchen Gier. Es wurde in den letzten Monaten einfach so oft benutzt, dass mancher es vielleicht schon nicht mehr hören mag. Dabei war ja meistens von der Gier der Anderen die Rede, der Manager, Finanzjongleure oder Börsenzocker.
Von der ganz alltäglichen Gier, von unser aller Gier also, erstaunlich wenig. Doch Hand auf Herz, wer von uns schielt denn nicht zuerst auf die Zinsen, wenn er mal Geld übrig hat und fragt erst hinterher, wie und wo das Geld angelegt wird? Ökobanken jedenfalls, die in nachhaltige Projekte investieren und oft nicht die höchsten Renditen garantieren können, sind noch immer eher etwas für Idealisten. Und was bedeutet die Beschwörung vom andauernden Wachstum der Wirtschaft eigentlich anderes als das Streben nach immer mehr, als das Eingeständnis, dass das, was wir haben, in unserem System einfach nie genug ist. Ein endloses Wachstum erscheint angesichts schmelzender Polkappen und zur Neige gehender Ölvorräte jedoch immer unwahrscheinlicher. Das dämmert inzwischen nicht nur mir.
Allerdings scheint die ganz alltägliche Gier kein bedauerlicher Systemfehler zu sein. Sie liegt tief im Menschen drin und hat uns nun in eine Sackgasse geführt, aus der wir den Ausweg noch nicht gefunden haben. Vielleicht steckt ja doch eine tiefe Weisheit dahinter, warum schon die alte Kirche die Gier, oder genauer die Maßlosigkeit, zur Tod-Sünde erklärt hat. Weil sie nämlich, zum Prinzip gemacht, letzten Endes in den Untergang führt.


https://www.kirche-im-swr.de/?m=5277
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