Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

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Heute vor genau 100 Jahren starb Kurt von Knobelsdorf, Offizier, Preuße, nahm teil am Krieg 1866 und 1870/71. Interessanter Mann. Noch heute kämpfen seine Truppen, 100 Jahre danach.

Der Graf von Knobelsdorf war 10 Jahre lang bei uns in Mainz, von 1872 bis 1882, Chef des preußischen Offizierskasinos. Und - wurde strafversetzt. Von Mainz nach Königsberg, 1000 Kilometer weit weg. Warum? Weil er an keiner Feier mit Alkohol teilnahm. Sie haben richtig gehört: der Mann hat gesoffen und dann Schluss gemacht, radikal. Und dafür seine Karriere aufs Spiel gesetzt. Ein paar Jahre kämpfte er an der Grenze von Sucht und Abstinenz, nicht immer erfolgreich. Mit 48 Jahren wurde er, immerhin ehrenhaft, aus dem Militärdienst entlassen. Ein hochrangiger Offizier. Oberstleutnant.

Und jetzt. Was tun als 48jähriger Pensionär? Der Mann hörte nicht auf zu kämpfen. Aber er hörte auf zu kommandieren. Er setzte sich auf den Hosenboden, ging nach Basel und lernte, wie man predigt. Er reiste durch ganz Deutschland, organisierte Gruppen. Mit seiner Erfahrung sagte er den Leuten ganz freundlich, wie sie vom Alkohol und von der Sucht loskommen. Und er fand, das hat mit Jesus zu tun. Weil Alkoholiker ihr Kreuz damit haben, dass sie oft blau sind, nannte Knobelsdorf sein Projekt, „Blaues Kreuz“. Das ist heute die Suchtkrankenhilfe der Evangelischen Kirche in Deutschland.

Spannend ist das, wenn Blaukreuzleute heute in den Kampf ziehen. Da gehen sie zum Beispiel in die Schulen gegen das Komasaufen. Da haben sie nur die Rauschbrille dabei. Das ist so ein Gerät, das setzt du auf die Nase und dann kannst du gucken, wie deine Augen glasig werden bei 1,1Promille. Du fühlst dich noch ganz nüchtern, aber plötzlich kannst du nicht mehr auf dem graden Strich laufen.

Gewonnen ist die Schlacht gegen den Alkoholmissbrauch noch lange nicht. Aber das Projekt mit dem Blauen Kreuz ist eine ziemlich gute Alternative zum preußischen Militär.
https://www.kirche-im-swr.de/?m=5268
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