SWR2 Wort zum Tag

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Bilder der Moderne wollen nicht einfach abbilden, was ist. Sie wollen aufdecken, zu neuem Wahrnehmen anregen, provozieren, auch irritieren und stören. In Museen auf der ganzen Welt finden wir moderne Gemälde und Kunstwerke. In Kirchenräumen sind sie bis heute eher selten geblieben. Eine bemerkenswerte Ausnahme ist das Gemeindezentrum und die Kirche der Pax-Christi-Gemeinde in Krefeld. Dort ist ein Pfarrer über Jahrzehnte mit Künstlerinnen und Künstlern der Gegenwart im Gespräch. Und er hat es verstanden, viele Mitglieder der Gemeinde in dieses Gespräch einzubeziehen. So ist ein liturgischer Raum entstanden, eine moderne Kirche, in der Architektur und Ausgestaltung: Altar, Kreuz, Lesepult, Bilder und Figuren, eine harmonische Einheit bilden.
An der Rückwand links im Kirchenschiff befindet sich ein Werk von Klaus Staeck. Er gilt als der bedeutendste Plakatkünstler in Deutschland. Seit 1986 ist er Gastprofessor an der Kunstakademie in Düsseldorf. 2006 wurde er zum Präsidenten der Berliner Akademie der Künste gewählt. Ungewöhnlich ist auch sein Werk, das er für den Kirchenraum der Pax-Christi-Gemeinde in Krefeld beigetragen hat. Die Reproduktion einer Schwarzweißfotografie zeigt eine Gesellschaft eleganter Geschäftsleute und Politiker plaudernd am üppigen kalten Büffet. Den Bildvordergrund dominiert der von erlesenen Speisen überladene Tisch des Buffets. Davor hat Klaus Staeck einen einfachen Holztisch aufgebaut: dreizehn ordentlich aufgereihte Pappteller, bestückt mit Steinen verschiedener Form und Farbe. Dreizehn Tischkarten laden die ärmsten Länder der Welt zu einem Mahl, an dem Steine angeboten werden: Länder wie Mali, Burundi, Tschad, Birma, Laos, Nepal, Somalia, Äthiopien, Kambodscha. Das Kunstwerk kombiniert das Foto vom Buffet und den realen Holztisch: Reich und Arm sind getrennte Welten.
Wer in dieser Kirche Gottesdienst feiert, ist konfrontiert mit der Widersprüchlichkeit der Welt, in der einige immer noch reicher und viele immer noch ärmer werden. Und begegnet der Vorstellung des Abendmahls, als „Mahl wider alle Apartheid“. Reiche und Arme, Alt und Jung, Frauen und Männer, Einheimische und Fremde sind – zumindest prinzipiell – eingeladen, gleichberechtigt an diesem Tisch zu sitzen.
So macht es das Kunstwerk von Klaus Staeck anschaulich.
Die Sprache der Kunst und die Sprache des Glaubens können sich wechselseitig provozieren. In Krefeld, in der Kirche der Pax-Christi-Gemeinde, geschieht dies, wie mir scheint, zum Vorteil beider. https://www.kirche-im-swr.de/?m=5189
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