SWR2 Wort zum Tag

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„Ein Bewusstsein von dem, was fehlt“, so heißt ein kleines Buch zum Verhältnis von Vernunft und Glaube, konkret: die Dokumentation eines Gespräches zwischen dem Philosophen Jürgen Habermas und Vertretern der Hochschule für Philosophie der Jesuiten in München.
(Hg. Michael Reder, Joseph Schmidt, Frankfurt 2008)
Dieses Gespräch macht deutlich, dass sich die Beziehung zwischen Glaubenden und Nicht-Glaubenden in den letzten Jahrzehnten verändert hat in einer für beide Seiten wohltuenden und konstruktiven Weise. Gegenseitiger Respekt kennzeichnet ihre Beziehung. Man will wissen, was die einen und die anderen zu sagen haben und hält ihren Beitrag für wichtig. Kaum jemand spricht heute noch von einem irgendwann zu erwartenden „Aussterben“ des Religiösen. Und fast jeder, der an Gott glaubt, nimmt den Beitrag derjenigen ernst, die mit vernünftigen Gründen nicht an Gott glauben.
So auch im Gespräch zwischen Habermas und den Münchener Jesuiten: ‚Ein Bewusstsein von dem, was fehlt’. Der Titel ihres Buches sagt noch mehr: Das ‚was einem fehlt’, ist Ausgangspunkt für ein Gespräch nicht nur unter Fachleuten der Philosophie und der Theologie. Zu wissen: „uns fehlt etwas“ ist allgemein unerlässlich, wenn Menschen, die an Gott glauben, und Menschen, die nicht an Gott glauben, miteinander reden; wenn sie sich austauschen, und dabei die einen in erster Linie und möglichst ausschließlich auf ihre Vernunft setzen, und die anderen an Gott glauben und überzeugt sind, damit vernünftig zu handeln. Ein „Bewusstsein von dem, was fehlt“ äußert sich in einer gezielten Offenheit, im Interesse und dem Wunsch, vom anderen Wichtiges zu hören und vielleicht zu lernen. Wenn gläubige und nicht gläubige Menschen, religiöse und säkulare Bürger unserer Gesellschaften, in diesem Bewusstsein zusammen kommen, ist eine gemeinsame Grundlage gegeben, dass sie beide lernen können. https://www.kirche-im-swr.de/?m=5187
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