Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

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Ochs und Esel, sie gehören in jede anständige Weihnachtskrippe. Und das obwohl sie in der biblischen Weihnachtsgeschichte gar nicht vorkommen. Sie tauchen erst in den künstlerischen Darstellungen der Krippenszene auf, sie sind sozusagen eine Erfindung der Maler und Bildhauer. Sie sind aber mehr als nur eine künstlerische Ausschmückung. Es gibt Krippendarstellungen, sogar sehr alte, da sind Ochs und Esel ganz zentral dargestellt, wichtiger noch als Maria und Josef. Um zu verstehen, was das soll, muss man ins Alte Testament schauen. Die gemeinsame Erwähnung von Ochs und Esel in einem Satz kommt dort an zwei Stellen vor.
Zum einen im Buch Deuteronomium (Dtn 22,10), in dem ganz viele lebenspraktische Anweisungen stehen. Unter anderem heißt es dort: „Du sollst nicht Ochs und Esel zusammen vor den Pflug spannen.“ Das wird jeder Bauer verstehen. Denn die beiden Tiere sind so unterschiedlich in Größe und Stärke, dass sie sich nicht miteinander vertragen. Ochs und Esel passen gar nicht zusammen. Und doch stehen sie vereint an der Krippe des Jesuskindes. Die Aussage ist klar: Das Kind in der Krippe kann Gegensätze zusammenbringen. Menschen zusammenzuführen, die sich nicht ausstehen können. Dieses kleine Kind in der Krippe ist ein Friedensbringer, er führt die friedlich zusammen, die es normaler Weise nicht miteinander aushalten, eben Ochs und Esel.
Und im Buch Jesaja (Jes 1,3) heißt es „Der Ochse kennt seinen Besitzer und der Esel die Krippe seines Herrn; Israel aber hat keine Erkenntnis, mein Volk hat keine Einsicht:“ Der Prophet Jesaia kritisiert mit diesem Satz die Zustände im Volk Israel. Das Volk kümmert sich nicht um Gott und seine Gebote, es erkennt nicht, wer sein eigentlicher Herr ist. Unsere Vorfahren haben diese Erkenntnis in einem schönen Spruch auswendig gelernt, er heißt auf Latein: „Cognovit bos et asinus / quod puer erat dominus.“ Übersetzt: Von Ochs und Esel lernen wir: Das Kind ist der Herr.

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