SWR2 Wort zum Tag

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„Er gab ihnen die Freiheit, Gottes Kinder zu werden“ - so heißt es im Johannes-Evangelium gleich zu Beginn. Wie auf einem Begrüßungsportal steht einladend und programmatisch dieser Satz. Erstaunlich genug: meine Wenigkeit, ein Winzling in der Weltgeschichte und in der Evolution allen Lebens erst recht - mein kleines kurzes Leben soll göttliche Qualität und Würde erhalten. So wie er, Jesus aus Bethlehem, Gottes Sohn ist, so soll ich Gottes Sohn werden, Gottes Tochter. In der Geburt des göttlichen Kindes sind demnach alle herzlich eingeladen, selbst göttlich zur Welt zu kommen. Natürlich sind wir Kinder unserer Eltern, Kinder der Evolution, tief eingebunden in das Netzwerk des Irdischen. „Staub bist du, und zum Staube kehrst du zurück“ bekommen wir ernüchternd zu hören. Umso erstaunlicher ist die Weihnachtsbotschaft, verrückt eigentlich.
Was in Jesus Christus endgültig geglückt ist, soll in jedem Menschen wahr werden: er ist kein Blindgänger der Evolution, kein Zufallsprodukt, nein: Gottes Kind. Und als dieses Kind soll er erwachsen werden im Glauben, mündig wie Jesus selbst, original und authentisch: Gottes Sohn, Gottes Tochter. In jedem Menschen will Gott zur Welt kommen. Und Jesus ist der „Erstgeborene unter vielen Brüdern und Schwestern“. Das Bild von Geburt und Wiedergeburt erinnert an den göttlichen Ursprung des Menschen, seine unhintergehbare Würde. „Allen, die ihn aufnahmen , schenkt er die Macht, Kinder Gottes zu werden … allen, die nicht aus dem Drängen des Blutes, nicht aus dem Geschlechtstrieb , sondern aus Gott geboren sind“, heißt es im realistischen Kontrast . Die Weihnachtsbotschaft ermutigt zu einem ganzeigenen Leben. Als Geschwister Jesu können wir gar nicht groß genug voneinander denken. Seit 60 Jahren erinnert die Charta der Menschenrechte daran.
Aber in der Realität ist von dieser Gotteskindschaft oft wenig zu spüren. Zu bös oft gehen Menschen mit sich selbst um und mit anderen. Zu negativ ist ihr Denken und Handeln . Ohne Glauben an Gott kommt der Glaube an den Menschen aus dem Lot. Wie es umgekehrt glückt, bringt Jesus ans Licht. Realistisch heißt es deshalb im Neuen Testament: „Wir heißen Kinder Gottes, und wir sind es tatsächlich. Aber was wir sein werden, ist noch nicht heraus“ (1 Joh 3,2) Die weihnachtliche Geburt ist erst ein Anfang, ja sie ist noch im Gange. Menschwerden ist eine unendliche Geschichte, Christwerden erst recht. Mit der eigenen Wiedergeburt fängt alles an.
https://www.kirche-im-swr.de/?m=5126
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