SWR2 Wort zum Tag

SWR2 Wort zum Tag

„Die ganze Welt seufzt und liegt in Geburtswehen“ (Röm 8,19) - ein steiler Satz aus der Bibel, eine scharfe Diagnose. Was Paulus da an die Römer schreibt – bald 2000 Jahre ist es nun her – scheint aktueller denn je. Macht die Bankenkrise nicht schmerzhaft bewusst, was alles im Argen liegt? In den Niederlanden gibt’s schon Szenarien für die große Flutwelle – so dramatisch wirkt die Klimakatastrophe überall schon jetzt: landunter! Wer realistisch in die Welt schaut, kann Paulus nur recht geben: es ist ein Seufzen in der Welt. Auch mitten in den vorweihnachtlichen Stimmungen wandert das Gespür mit für den Ernst der Lage. Viele haben sehr konkret zu seufzen und zu stöhnen: Angst um Arbeitsplatz und Verdienst, Verlust von Ersparnissen, geringere Einkommen, höhere Ausgaben. Allzu verständlich ist die Sehnsucht, dass es wieder besser werde, gerechter vor allem und weniger auf dem Rücken der kleinen Leute. Advent heißt das christlich, Erwartung. Gott selbst soll kommen und eingreifen. Paulus wählt dafür das Bild von Schwangerschaft und Geburtswehen: gute Hoffnung. Schwanger geht die Welt mit neuen Lösungen.
Für Paulus haben sie einen Namen und ein Gesicht: Jesus Christus, lebhaft gesucht und schmerzhaft vermisst. Wer an seine Lebensart denkt, kann einen ziehenden Schmerz spüren: „Ach, wär’s doch heute so, wie er’s damals praktiziert hat“! Ein bisschen mehr Lastenausgleich und Nachbarschaftshilfe, etwas weniger Habgier und Geldbetrug. Paulus schreibt: „Wir, die wir den Geist Gottes empfangen haben, seufzen noch mehr und warten auf die Erlösung“. Wer an Jesus glaubt und sein Kommen erwartet, legt die Hände gerade nicht in den Schoß. Er heult aber auch nicht mit den Wölfen oder den Miesmachern. Gottes Geist ist kein Ruhekissen, ganz im Gegenteil. Da hört man das Seufzen der Schöpfung erst recht. Alle Leidenschaft zielt Frieden, Versöhnung und Recht. Wer glaubt, geht schwanger. Er hat Hoffnung für die Welt, trotz allem. Schmerzhaft vermisst er Jesus. Was damals für Momente geglückt ist - jetzt soll es wieder gelingen, für alle, schleunigst, heute.


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